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Gastbeitrag
Gesundes Führungsverhalten und gesunde Führungskultur
Benjamin Koch, Senior Consultant sowie Experte für Peak Performance in Teams und Organisationen bei der Startify GmbH, spricht in seinem Gastbeitrag darüber, wie sich Führungsverhalten auf die Gesundheitssituation in Unternehmen auswirkt
Grafik: Tartila – stock.adobe.com
Nachhaltige Veränderungen zu einer „gesunden“ Unternehmensführung lassen sich nur durch das Zusammenspiel mit entsprechender Kulturveränderung und einer „gesunden“ (Selbst-) Führung der Führungskraft erreichen. Dazu gehört die Integration der Gesundheit in bestehende Instrumente wie beispielsweise Mitarbeiter- und Führungskräftebeurteilung, das Recruiting, Personalauswahlprozesse, kollaborative Strategieprozesse, die Weiterbildungsangebote oder das Qualitätsmanagement.
Der „Return on Investment“ von „betrieblicher Gesundheit“ liegt bei 1:3 (vgl. nach Chapman 2012). Dabei spielt insbesondere das Führungsverhalten für die Gesundheit der Mitarbeitenden eine besonders große Rolle, was verschiedene Studien bestätigen (vgl. Ilmarinen 2002, Nie der 2000). Teilweise mündeten diese Ergebnisse in ein richtiges „Führungskräftebashing“. So sind in diesem Zusammenhang beispielsweise Aussagen zu lesen wie: „Meine Führungskraft macht mich krank!“ oder „Eine Führungskraft nimmt seinen Krankenstand mit!“. Die steigenden Anforderungen junger Fachkräfte (speziell der „Gen-Z“) an Führungsverhalten, Unternehmenskultur und gesunder Lebensweise führen in Kombination mit dem steigenden Fachkräftemangel dazu, dass viele Unternehmen sich zukünftig wesentlich stärker mit dem Thema „betriebliche Gesundheit“ befassen werden müssen. Dabei gibt es konkrete Zusammenhänge und Ressourcen, die Führungskräfte und Unternehmer benötigen, um eine gesunde Unternehmensführung zu etablieren.
Führungsstil und Selbstführung
Zwei grundlegende Mechanismen wer den für den Zusammenhang von „Unternehmensführung“ und „Gesundheit“ herangezogen: Auf der einen Seite stehen vor allem der Führungsstil und die eingesetzten Managementsysteme, auf der anderen Seite ist die Selbstführung der Führungskraft bedeutend für die Gesundheit der Mitarbeitenden. Je nachdem, wie zum Beispiel die Führungskraft Feedback gibt, die Aufgaben gut strukturiert, den Mitarbeitenden ausreichend Entscheidungsspielraum einräumt, transparent in seinen Entscheidungen ist und mit Konflikten umgeht, kann der Krankenstand im Unternehmen variieren. Gleichzeitig sind auch die bestehenden Systeme und die Unternehmenskultur ebenso wichtig. Wenn das Unternehmen als „unfair“ wahrgenommene Beurteilungssysteme etabliert hat, spielt auch ein unterstützendes Verhalten als Führungskraft nur eine untergeordnete Rolle. Dieses Phänomen ist vergleichsweise oft bei Behörden anzutreffen. Gleiches trifft auf die Kultur zu. Eine Führungskraft läuft sogar in die Gefahr eines Burnouts, wenn sie versucht, gegen eine „ungesunde“ Unternehmenskultur anzukämpfen.
Führungskräfte vernachlässigen eigene Gesundheit
Bezogen auf die Selbstführung vernachlässigen Führungskräfte häufig die eigene Gesunderhaltung und leben damit ihren Mitarbeitenden ein „ungesundes“ Bild vor. Obwohl sie mehr betriebliche Ressourcen, Freiräume und Kontrolle über Aufgaben sowie Entscheidungen haben, werden sie – wie ihre Mitarbeitenden auch – physisch und psychisch durch ihr Arbeitspensum und andere Faktoren gesundheitlich belastet. Dennoch wirkt sich die Vorbildrolle negativ auf das ganze Team aus. Denn schon lange ist aus wissenschaftlichen Studien bekannt, dass nur „gesunde“ und „resiliente“ Vorgesetzte die Gesundheit ihrer Mitarbeitenden bewusst im Blick haben und aktiv fördern. Im Gegensatz dazu stehen Führungskräfte und Unternehmer mit zu hohen Ansprüchen an die eigene Leistungsfähigkeit oder mangelnder Selbstführung, denn diese achten oftmals weniger auf die Gesundheit ihrer Beschäftigten und üben auf diese oftmals auch mehr Druck aus. Die Mitarbeitenden werden dann häufiger oder länger krank, weshalb bestimmte Ziele dann nicht erreicht werden können, die Führungskraft wiederum unter stärkerem Druck leidet, diese Ziele zu erreichen und so letztendlich die Leistungsfähigkeit der gesamten Organisation zurückgehen kann.
Wie kann die Führungskraft den Teufelskreis der „ungesunden (Selbst-) Führung“ durchbrechen?
Insgesamt benötigt die Führungskraft Veränderungen auf den Ebenen des (Selbst-) Führungsverhaltens, der Managementsysteme und Veränderungen der Organisationskultur. Wie aus der Abbildung oben hervorgeht, stehen diese Veränderungsebenen in Abhängigkeit zueinander. Die Führungskraft kann einerseits durch „gesundes“ Führungsverhalten – das sich unter anderem auszeichnet durch unterstützendes Feedback, Arbeitsorganisation, angepassten Entscheidungsspielraum und Transparenz – und andererseits dem Annehmen der Führungsrolle – wie Grenzen bezüglich Belastung setzen, Selbstorganisation mit transparenten Prioritäten – einen enormen Beitrag zur Förderung der Gesundheit im Team und in der Organisation leisten. Zusätzlich benötigt die Führungskraft auch hinreichende Managementsysteme zur Leistungs- und Potenzialbeurteilung, aber vor allem im Bereich der betrieblichen Gesundheit.
Diese Faktoren beeinflussen die Gesundheit des Teams.
Mit partizipativen Instrumenten, wie beispielsweise der Beurteilung psychischer Belastungen durch externe Unternehmen, gibt es ein standardisiertes Werkzeug, womit sich eine gute Analyse der betrieblichen Gesundheit ermitteln lässt und passgenaue sowie akzeptierte Maßnahmen ableiten lassen. Darüber hinaus bietet das Instrument auch Möglichkeiten zur fortlaufenden Überprüfung der Gesundheitsziele. Nachhaltige Veränderungen zu einer „gesunden“ Unternehmensführung lassen sich nur durch das Zusammenspiel mit entsprechender Kulturveränderung und einer „gesunden“ (Selbst-) Führung der Führungskraft erreichen. Dazu gehört die Integration der Gesundheit in bestehende Instrumente wie beispielsweise Mitarbeiter- und Führungskräftebeurteilung, das Recruiting, Personalauswahlprozesse, kollaborative Strategieprozesse, die Weiterbildungsangebote oder das Qualitätsmanagement. (bk)