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Was können Manager von Chirurgen lernen?

Beide müssen komplexe Probleme lösen

Um eines vorwegzunehmen: Chirurgen haben in den vergangenen Jahrzehnten auch viel von Managern gelernt. Die Arbeitswelt in einer modernen Klinik befindet sich in einem ständigen Entwick­lungs­prozess. Eine Wortmeldung des Herzchirurgen Dr. Thomas Kuntze.

Chirurgen & Manager
Quelle: ipopba – Adobe Stock

Inzwischen wird von einem Arzt, insbesondere in leitender Position, nicht nur fachliche Kompetenz auf dem aktuellsten Wissensstand, praktische Fertigkeiten und Routine in der ärztlichen Tätigkeit so wie einfühlsamer Umgang mit den Patienten erwartet. Erforderlich sind auch Organisations­talent und Führungs­qualitäten.

Weiterentwicklung in Medizin wie im Management

In den über 30 Jahren, in denen ich inzwischen als Herzchirurg arbeite, hat sich so vieles verändert – es sind neue interventionelle Verfahren und OP-Techniken entstanden und es sind viele innovative Medizin­produkte entwickelt worden, die in und am Patienten eingesetzt werden können. Diese versetzen uns in die Lage, heute mehrfach erkrankte Patienten zu operieren und ihnen damit zu einer guten Lebens­qualität zu verhelfen. Diese neuen operativen Therapien sind das Ergebnis von fachlich fundiertem analytischem Denken, Kreativität und auch Flexi­bilität. Sich nicht mit dem Status quo zufrieden zu geben, nach neuen Ansätzen zu suchen, das sind Voraus­setzungen für Weiter­entwicklungen.

Branchenübergreifender Trend, flache Hierarchien auch bei Chirurgen

Hier unterscheidet sich die Medizin nicht grundsätzlich von anderen Bereichen. Dieser Umstand trifft auch auf Hierarchien zu. Früher gab es in den Unternehmens­etagen strenge Hierarchien, die eigentlich nur von den Hierarchien in den Kliniken getoppt wurden. Dass der fachlich Qualifizierteste und Erfahrenste auch heute viele Entscheidungen treffen muss, dürfte zwar Konsens sein, doch die Art und Weise, wie wir heute im Team arbeiten, ist stärker von der Vernetzung, der Inter­diszi­pli­na­rität und Inter­profes­sionalität geprägt. Wir können einander vertrauen, weil das Verant­wortungs­bewusstsein jedes Einzelnen und damit auch seine besonderen Kenntnisse und Erfahrungen einen hohen Wert für die Gesundheit unserer Patienten haben. Vertrauen zu haben und der Kunst des Miteinanders einen großen Raum zu geben, Verantwortung zu übertragen, das sind für mich im OP, aber auch in der gesamten Be­handlung und Be­treuung unserer Patienten hohe Güter.

Die Verant­wortung jedes Einzelnen wächst mit steigender Komplexität. Und nur wenn eine gute Atmosphäre im gesamten Team herrscht, können wir gemeinsam das Beste für unsere Patienten leisten. Dieses Bewusst­sein immer wieder auch zu schärfen, ist heraus­fordernd, aber zwingend. Viele einzelne Faktoren entscheiden über den Erfolg, entscheiden über die Behandlungs­qualität und letztlich die Lebens­qualität unserer Patienten. Das beginnt mit einer guten Kooperation mit den der Fach- und Hausärzten und der Vernetzung aller diagnostischen Möglich­keiten und der gemeinsamen Behandlungs­planung. Das betrifft die Organisation in der Klinik, in den Sekretariaten und am Empfang und gute und strukturierte Kommu­nikation mit den Patienten.

Und es geht weiter: Was wäre ein guter Operateur ohne assis­tierende Kolleginnen oder Kollegen, ohne OP-Schwestern und -Pfleger, Kardio­techniker und medizinisch-technische Assis­tentinnen, ja selbst ohne die Servicekräfte oder die Kollegin­nen und Kollegen aus dem Bereich der Beschaf­fung?

Qualität als gemeinsamer Nenner für Manager und Chirurgen

Die Konzentration auf die jeweiligen Aufgaben, der Blick auf Unvor­herseh­bares, schnelle und durch­dachte Lösungen für den Ernstfall, voraus­schauendes Handeln – all dies dürfen unsere Patienten erwarten. Dazu gehört auch die ständige Qualitäts­kontrolle, die kritische Analyse unsere eigenen Ergeb­nisse im gesamten Team und daraus folgend die ständige Verbesserung der Strukturen und Prozesse in der Behandlung unserer Patienten. Denn sie schenken uns Vertrauen, vertrauen sich uns an. Sich darüber immer im Klaren zu sein, warum man das tut, was man tut und sich seiner und der Verantwortung aller immer bewusst zu sein, ist vielleicht eine Maxime, die berufs­über­greifend gelten könnte. (tk).

Dr. Thomas Kuntze

Dr. Thomas Kuntze

Zentralklinik Bad Berka

Dr. Thomas Kuntze ist Chefarzt der Klinik für Herzchirurgie im Herzzentrum der Zentralklinik Bad Berka und gehört europaweit zu den führenden Herzklappenspezialisten.

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