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Gastbeitrag: GFE – Gesellschaft für Fertigungstechnik und Entwicklung Schmalkalden e.V.

Qualitätskontrolle von Maßen und Oberflächen mittels KI

Kunststoffe, metallische Leicht­bau­werk­stoffe und auch tech­nische Kera­miken fin­den im Maschinen­bau und in der Automobilbranche immer stär­kere Anwendung. Die Sichtflächen so­wie die Funktions­oberflächen müs­sen strengen qualitativen und op­tisch­en Anforderungen genügen.

Gelenkarm Roboter im Fertigungsumfeld führt Qualitätskontrolle von Massen und Oberflächen durch

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Bei Sichtflächen und Funktionsoberflächen handelt es sich zumeist um komplexe Geo­me­trien mit großen Prüfflächen und Hinterschnitten. Die zu erkennenden Defekte liegen in der Regel im Mikrometerbereich, wozu herkömmliche Prüfverfahren nicht im Stande sind. Die Ge­sell­schaft für Fertigungstechnik e.V. (GFE, Schmal­kalden) hat hierfür koordinierend und gemeinsam mit den Unternehmen Speck Sensorsysteme GmbH, Plasttechnik Hohleborn GmbH, Robotics GmbH sowie der TU Ilmenau (Fachgebiet Qualitätssicherung und Industrielle Bildverarbeitung) im Projekt „OptoCheck“ ein neuartiges Verfahren entwickelt, welches auch auf KI-Technologien zurückgreift.
Voraussetzung und Schwierigkeiten der Bauteilprüfung

Kleine Schwachstellen an Bauteilen sind mit dem bloßen Auge häufig nicht sichtbar, verringern jedoch maßgeblich die Qualität. Die Probleme inten­si­vieren sich im Gebrauch des jeweiligen Bauteils mit der Zeit durch Tempera­turunterschiede, Vibrationen und ähn­liches und führen schlimmstenfalls zum voll­ständigen Defekt. Qualitäts­mindernde Aspekte werden daher häufig mit hoch­auf­lösen­den Kameras identifiziert. Problematisch allerdings ist, dass bisherige Verfahren die Prüfung großer Mengen von Bauteilen kaum ermöglichen. Notwendig hierfür ist einerseits die effiziente Prüfung der Kamera – zumeist mit ver­grö­ßern­der Optik mit hoher Detailauflösung – und eine hochgradig ak­ku­rate Posi­tio­nierung des zu prüfenden Bauteils unter der Kamera. Ander­erseits muss es intelligente Bildauswerte-Algo­rith­men geben, welche Abweichungen im jeweiligen Bauteil von Mustern voll­ständig funktionsfähiger Bauteile auto­matisch erkennen können.

Reflektor und<br />
LED-Gehäuse für Kennzeichenbeleuchtung aus Kunststoff

Zu prüfende Kunststoffteile aus dem Automobilsektor: Reflektor und LED-Gehäuse für Kennzeichenbeleuchtung

Die hohe Detailauflösung führt zu einem kleinen Sichtfeld und damit zur Notwendigkeit, große Flächen in mehr­eren Teilen aufzunehmen, wel­che später zu einem Gesamtdatensatz zusam­mengefasst werden. Aus diesem Gesamt­bild sind geometrische Merk­male zu bestimmen und diese mit den Solldaten zu vergleichen. Der gesamte Ablauf muss zeitoptimiert ausgeführt werden, da das Ziel darin besteht, das System direkt in der Fertigungslinie (inline) einzusetzen und damit der Fertigungstakt die Anforderung an die Messzeit vorgibt. Insbesondere die Er­zeugung von Datensätzen sowie der algo­rith­mische Vergleich von geo­me­trisch­en Ist-Daten mit den Sollwerten stellt aufgrund der hohen Datenmenge und der kurzen Taktzeit (mehrere Teile pro Sekunde) eine große Her­aus­for­derung dar.

Bildauswertung durch Deep Learning

Die wesentlichen Schritte zur Umsetzung der Quali­täts­sicherungs­aufgabe bestanden in der Entwicklung einer angepassten Bilderfassung, eines Klassifikators basierend auf Deep- Learning-Verfahren (sogenannten Con­vo­lu­­tio­nal-Neural-Networks) sowie der Validierung des Gesamtsystems im Fertigungsumfeld. Im Ergebnis des Thüringer Verbundprojektes wurde erstmalig ein fertigungsintegrierbares und flexibles Verfahren vorgestellt, das sowohl eine objektive Sichtprüfung als auch eine präzise Maß­haltig­keits­prü­fung an Kunststoffbauteilen in einem einzigen System realisiert.

Durch einen Knickarmroboter der Firma Kuka wird das Bauteil direkt aus der Spritz­gieß­maschine entnommen, unter eine speziell entwickelte Bildverarbeitungsstation gehalten, in mehreren Ansichten auf Fehler geprüft, vermessen und bei Fehlern direkt aussortiert. Für die schwarzen LED-Gehäuse sowie für die roten Reflek­torbauteile konnte eine Er­kennungs­rate zwischen 95 und 100 Prozent in Ab­häng­ig­keit der zu erkennenden Defektklasse erreicht werden.

Praktische Anwendung

Das Prüfverfahren wurde prototypisch in das Fer­tigungsumfeld des Projekt­part­ners Plast­tech­nik Hohleborn GmbH in­te­griert und ge­testet. Die Defekt­er­ken­nung und Vermessung ist ohne Verzögerungen im Produktionstakt mög­lich. Das der Entwicklung zu­grun­de­lie­gen­de Forschungsprojekt wur­de vom Freistaat Thü­ringen gefördert sowie durch Mittel der Europäischen Union im Rahmen des Euro­päisch­en Fonds für regionale Entwicklung (EFRE) kofinanziert. (GFE)

EFRE und EU Logos

Das vom Freistaat Thüringen geförderte Vorhaben wurde durch Mittel der Europäischen Union im Rahmen des Europäischen Fonds für regionale Entwicklung (EFRE) kofinanziert.

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