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Thüringer Wirtschaft: „Krisen sind das neue Normal“

Im Jahr 2023 blieb die Lage der Thüringer Wirtschaft weiterhin schwierig, wobei sich die Unternehmen zunehmend an die Krisenbewältigung als Teil des Alltags gewöhnten. Das geht aus den Jahresumfragen des Verbandes der Wirtschaft Thüringen (VWT) und des Landesverbandes Ost des Verbandes Deutscher Maschinen- und Anlagenbau (VDMA) hervor.

"Krisen sind das neue Normal"

Die Lage der Thüringer Wirtschaft bleibt in der Krise.| Foto: sommart – stock.adobe.com

Energiekosten und Fachkräftesuche dominieren die Thüringer Wirtschaft

Energiekosten und Fachkräftesuche dominierten das Tagesgeschäft der Betriebe im Freistaat. Die Energiekostenbelastung blieb hoch. Viele Unternehmen sahen eine stagnierende oder rückläufige Auftragslage, insbesondere im Herbstquartal, resümiert die Studie.

Die Unsicherheit und Pessimismus in Bezug auf die zukünftige Entwicklung spiegelten sich in den Erwartungen für das erste Halbjahr 2024 wider, wobei viele Unternehmen eine schlechtere oder gleichbleibende Lage prognostizierten. Die durchschnittliche Auslastung der produktiven Bereiche liege in der aktuellen Umfrage bei 75 Prozent. Auch die Auftragsreichweite sei im Vergleichszeitraum von acht auf fünf Monate deutlich eingebrochen, heißt es in der Studie.

Unzufrieden mit Thüringer Wirtschafts- und Bildungspolitik

Die Unzufriedenheit mit der Wirtschafts- und Bildungspolitik des Freistaats Thüringen nahm ebenfalls zu. Während 2022 noch 24 Prozent der Meinung waren, dass die Bildungspolitik eher im Interesse der Thüringer Wirtschaft sei, sind es 2023 noch 14 Prozent. Auch das Standortmarketing der Landesregierung verlor an Zustimmung in der Unternehmerschaft.

Ein Drittel stimmte voll oder eher zu, dass das Standortmarketing zu einem positiven Image der thüringischen Wirtschaft beitrage. 2022 lag die Zustimmung noch bei 47 Prozent der Befragten. Auch hier werde die Unzufriedenheit der Thüringer Unternehmen deutlich.

Thüringen ist ein attraktiver Wirtschaftsstandort

Die andere Seite der Medaille: Der Aussage, dass Thüringen ein attraktiver Wirtschaftsstandort ist, stimmen 45,7 Prozent der Befragten zu – davon 8,6 Prozent vollumfänglich. Trotz Zustimmungsrückgang im Vergleich zu den Vorjahren, zeigt sich an dieser Stelle das positivste Bild in der Bewertung der wirtschaftspolitischen Rahmenbedingungen der gesamten Umfrage.

„Thüringen profitiert als Wirtschaftsstandort vor allem von der zentralen Lage in der Mitte Deutschlands und der guten Erreichbarkeit über Schiene und Autobahnen. Die bestehenden Schwergewichte und herausgearbeiteten Profile in der Wirtschaft, Wissenschaft, Kultur, Freizeitgestaltung und Natur des Freistaats ziehen Weiteres nach. Und das jenseits und trotz der vielfältigen weltweiten Krisen und Umbrüche der globalen Ordnung“, heißt es in der Studie wörtlich. VWT-Hauptgeschäftsführer Dr. Matthias Kreft fasst das in einem prägnanten Satz zusammen: „Krisen sind das neue Normal“.

Maschinenbau mit höherem Auftragseingang

Aber es gibt auch andere Nachrichten. Der ostdeutsche Maschinen- und Anlagenbau verzeichnete im Jahr 2023 einen überdurchschnittlich hohen Auftragseingang, insbesondere durch eine starke Zunahme der Auslandsaufträge im Dezember. Das geht aus einer Umfrage des Landesverbandes Ost des Verbandes Deutscher Maschinen- und Anlagenbau (VDMA) hervor. Trotz dieser positiven Entwicklung bleibt auch für den VDMA Ost eine konjunkturelle Erholung fraglich. Die Gesamtjahresbilanz zeigt ein reales Auftragsplus von sieben Prozent im Vergleich zu 2022, wobei die Auslandsaufträge um 14 Prozent stiegen, während die Inlandsaufträge um 15 Prozent zurückgingen.

Nur wenige Unternehmen der Thüringer Wirtschaft profitieren

„Die Jahresbilanz fällt nur aufgrund der starken Dezember-Zahlen positiv aus. Viele Firmen berichten stattdessen von einer schwierigen Auftragslage. Kunden zögern ihre Kaufentscheidungen hinaus und verschieben oder stornieren fest eingeplante Projekte“, erklärt Oliver Köhn, Geschäftsführer des VDMA Ost.

Dieser Anstieg ist jedoch hauptsächlich auf einige wenige Unternehmen zurückzuführen, die Großaufträge erhalten haben. Viele Firmen berichten in der Umfrage des VDMA Ost von einer schwierigen Auftragslage, da Kunden ihre Kaufentscheidungen aufgrund verschiedener Faktoren wie der schwachen Weltwirtschaft, geopolitischer Krisen, Deutschlands Haushaltskrise und der Uneinigkeit der Bundesregierung verzögern oder stornieren.

IWH setzt auf unternehmerische Resilienz

Die Prognose des Instituts für Wirtschaftsforschung (IWH) Halle für 2024 sieht eine leichte Steigerung der Wirtschaftsleistung in Ostdeutschland um 0,7 Prozent, während Deutschland insgesamt eine Erholung von 0,5 Prozent erwartet. Auch das IWH betont, dass Krisen mittlerweile als Normalzustand angesehen werden. Unternehmerische Resilienz bleibe dieser Einschätzung zufolge entscheidend, um mit ihnen umzugehen.

Oliver Köhn - Geschäftsführer der VDMA Ost

Oliver Köhn – Geschäftsführer des VDMA Ost | Foto: VDMA Ost

Dr. Matthias Kreft - Hauptgeschäftsführer des VWT

Dr. Matthias Kreft – VWT-Hauptgeschäftsführer | Foto: VWT

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