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Gesundheit als Wettbewerbsvorteil für Unternehmen
Betriebliches Gesundheitsmanagement in Thüringen
In Zeiten von Fachkräftemangel und demografischem Wandel gewinnt ein Thema in Thüringer
Unternehmen zunehmend an Bedeutung: das Betriebliche Gesundheitsmanagement (BGM).
Längst ist es mehr als nur eine nette Zusatzleistung; es ist ein strategischer Erfolgsfaktor, der
die Wettbewerbsfähigkeit maßgeblich beeinflusst.

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Wer die Gesundheit seiner Mitarbeitenden fördert, investiert in Produktivität, Mitarbeiterbindung und ein positives Unternehmensimage. Doch was genau verbirgt sich hinter dem BGM und welche Aspekte müssen Unternehmen dabei berücksichtigen?
BGM: Ein ganzheitlicher Ansatz für mehr Unternehmenserfolg
Betriebliches Gesundheitsmanage ment ist ein systematischer und strategischer Prozess, der darauf abzielt, die Gesundheit der Beschäftigten zu erhalten und zu fördern sowie die Leistungsfähigkeit des Unternehmens langfristig zu sichern. Es geht über Einzel maß nahmen wie den Obstkorb oder den Rückenkurs hinaus und integriert verschiedene Bereiche:
Gesundheitsförderung
Hierzu zählen klassische Angebote zur Prävention von Krankheiten und zur Förderung eines gesunden Lebensstils. Das können Bewegungsangebote sein, Ernährungsberatung, Stressmanagement-Kurse oder auch Suchtprävention. Wichtig ist es, die Angebote an den Bedürfnissen der Belegschaft auszurichten und niedrigschwellig zugänglich zu machen.
Arbeitsschutz und Arbeitssicherheit
Dies ist die Basis des BGM. Die Einhaltung gesetzlicher Vorgaben, die Gefährdungsbeurteilung von Arbeitsplätzen und die Bereitstellung sicherer Arbeitsmittel sind unerlässlich, um Unfälle und Berufskrankheiten zu vermeiden. Ein proaktiver Ansatz geht hier über die reine Pflichterfüllung hinaus und sucht nach stetigen Verbesserungen.
Betriebliches Eingliederungsmanagement (BEM)
Wenn Mitarbeiterinnen oder Mitarbeiter länger erkrankt sind, unterstützt das BEM die Wiedereingliederung in den Arbeitsprozess. Ziel ist es, die Arbeitsfähigkeit wiederherzustellen und krankheitsbedingten Fehlzeiten entgegenzuwirken. Dies erfordert eine vertrauensvolle Zusammenarbeit zwischen Unternehmen, Betroffenen und gegebenenfalls externen Dienstleistern.
Organisationsentwicklung und Führungskultur
Ein gesunder Betrieb ist auch ein Ergebnis einer gesunden Organisation. Das BGM muss in der Unternehmensstrategie verankert sein und von der Führungsebene aktiv gelebt werden. Eine wertschätzende Führungskultur, die Förderung von Kom -munikation und Transparenz sowie die Gestaltung von gesunden Arbeitsbedingungen sind entscheidend. Dazu gehört auch die Reduzierung von psychischen Belastungen und die Schaffung einer ausgewogenen Work-Life-Balance.
Gesundheitskommunikation
Erfolgreiches BGM lebt von einer klaren und kontinuierlichen Kommunikation. Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter müssen über Angebote informiert, für Gesundheitsthemensensibilisiert und zur Teilnahme motiviert werden.
Der Weg zum BGM
Die Implementierung eines effektiven BGM erfordert von Thüringer Unternehmen die Berücksichtigung verschiedener Aspekte:
Analyse des Bedarfs
Bevor Maßnahmen ergriffen werden, ist eine gründliche Analyse der Gesundheitslage im Unternehmen unerlässlich. Welche Belastungen gibt es? Wo liegen die Schwerpunkte der Fehlzeiten? Mitarbeiterbefragungen, Gesundheitszirkel und die Auswertung von Betriebsdaten können hier wichtige Erkenntnisse liefern.
Einbindung der Beschäftigten
BGM funktioniert nur, wenn die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter aktiv beteiligt sind. Ihre Ideen und Bedürfnisse müssen ernst genommen und in die Gestaltung der Angebote einbezogen werden. Eine Beteiligung des Betriebsrats – wenn vorhanden – ist hierbei ebenfalls von großer Bedeutung.
Ressourcenplanung
BGM erfordert sowohl personelle als auch finanzielle Ressourcen. Es ist wichtig, klare Verantwortlichkeiten zu definieren und ein ausreichendes Budget bereitzustellen. Kleinere Unternehmen können hier oft von Kooperationen und externen Dienstleistern profitieren.
Evaluation und Anpassung
BGM ist ein dynamischer Prozess. Die Wirksamkeit der Maßnahmen sollte regelmäßig überprüft und bei Bedarf angepasst werden. Nur so kann sichergestellt werden, dass das BGM nachhaltig zum Unternehmenserfolg beiträgt.
Vertrauen und Datenschutz
Gesundheitsdaten sind sensibel. Ein vertrauensvoller Umgang mit persönlichen Informationen und die Einhaltung datenschutzrechtlicher Bestimmungen sind absolute Voraussetzungen für ein erfolgreiches BGM.
Akteure des BGM in Thüringen
Thüringen verfügt über ein Netzwerk von Akteuren, die Unternehmen bei der Implementierung und Weiterentwicklung ihres Betrieblichen Gesundheitsmanagements unterstützen:
Krankenkassen
Die gesetzlichen Krankenkassen sind wichtige Partner im BGM. Sie bieten nicht nur eigene Programme und Beratungsleistungen an, sondern fördern auch BGM-Projekte in Unternehmen. Beispiele hierfür sind die AOK PLUS, die Barmer oder die Techniker Krankenkasse, die in Thüringen aktiv sind und umfassende Unterstützung anbieten.
Berufsgenossenschaften und Unfallkassen
Sie sind primär für den Arbeits- und Gesundheitsschutz zuständig und bieten umfangreiche Informationen, Beratungen und Schulungen zur Prävention von Arbeitsunfällen und Berufskrankheiten an. Die Berufsgenossenschaft für Gesundheitsdienst und Wohlfahrtspflege (BGW) oder die VBG (Verwaltungs-Berufsgenossenschaft) sind hier beispielhaft zu nennen.
Kammern
Die Industrie- und Handelskammern (IHK) sowie die Handwerkskammern (HWK) sind wichtige Ansprechpartner für Unternehmen und informieren über Fördermöglichkeiten, Best Practices und relevante Netzwerke im Bereich BGM. Sie bieten oft auch eigene Veranstaltungen und Weiterbildungen an.
Forschungseinrichtungen und Hochschulen
Universitäten und Hochschulen in Thüringen, wie die Friedrich Schiller-Universität Jena oder die Technische Universität Ilmenau, forschen im Bereich Arbeitswissenschaften und Gesundheitsmanagement und tragen zur Entwicklung innovativer BGM Ansätze bei. Sie können auch als Partner für gemeinsame Projekte fungieren.
Beratungsunternehmen und Dienstleister
Zahlreiche spezialisierte Beratungsunter nehmen und externe Dienstleister in Thüringen bieten maßgeschneiderte Lösungen für Unternehmen im Bereich BGM an. Dies reicht von der Analyse und Konzeption bis hin zur Umsetzung und Evaluation von Maßnahmen.
Netzwerke und Verbände
In Thüringen entstehen zunehmend regionale Netzwerke und Initiativen, die den Austausch von Erfahrungen und Best Practices im BGM fördern. Derartige Zusammenschlüsse sind wichtige Plattformen für Unternehmen, um voneinander zu lernen und Synergien zu nutzen. Die Ernst-Abbe-Hochschule Jena koordiniert beispielsweise das „Netzwerk Gesunde Arbeit in Thüringen“ und verleiht das „Thüringer Siegel für Gesunde Arbeit“.
Unser Fazit
Betriebliches Gesundheitsmanagement ist keine Modeerscheinung, sondern eine Investition in die Zukunft. Thüringer Unternehmen, die proaktiv in die Gesundheit ihrer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter investieren, sichern sich nicht nur eine leistungsfähigere Belegschaft, sondern stärken auch ihre Attraktivität als Arbeitgeber und damit ihren langfristigen Erfolg im Wettbewerb. Es ist an der Zeit, Gesundheit nicht mehr als Kostenfaktor, sondern als strategischen Standortvorteil zubegreifen. (tl)
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