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Regenerative Energiegewinnung braucht nachhaltige Materialien
Interdisziplinäres SustEnMat-Projekt an der TU Ilmenau
An der Technische Universität (TU) Ilmenau begann am 1. Oktober ein großangelegtes Forschungsprojekt zur Nachhaltigkeit hocheffizienter Energiematerialien. Mit derartigen Materialien kann zum Beispiel der Wirkungsgrad von Solarzellen im Vergleich zu herkömmlichen Siliziumsolarzellen erheblich gesteigert werden. Gleichzeitig soll die Bereitstellung regenerativer Energie aber auch ressourcenschonend, ökologisch verträglich und wirtschaftlich sein.
Die Fachgebiete „Grundlagen von Energiematerialien“ „Werkstoffe der Elektrotechnik“ nehmen die Energiematerialien in den Blick. | Fotos: Michael Reichel
Daran forscht nun, begleitet von einem Industriebeirat, ein interdisziplinäres Team der TU Ilmenau zusammen mit dem Fraunhofer-Institut für Solare Energiesysteme ISE. Die Carl-Zeiss-Stiftung fördert das SustEnMat-Projekt mit fast fünf Millionen Euro für fünf Jahre im Themenschwerpunkt Ressourceneffizienz, mit dem sie die technisch-naturwissenschaftliche Forschung zum nachhaltigeren Umgang mit natürlichen Ressourcen unterstützt.
Der Projektname „SustEnMat“ steht für Sustainable Energy Materials – also Materialien für nachhaltige Energie. Dahinter steckt folgender Gedanke: Nachhaltigkeit bei der Energieerzeugung ist ein Gebot der Stunde, denn sie ermöglicht es, unabhängig von fossilen Energiequellen zu werden. Das soll sinnvollerweise in einer möglichst ökologisch verträglichen Kreislaufwirtschaft geschehen. Anders als bei der Verbrennung fossiler Brennstoffe produziert ein nachhaltiges Energiesystem keine umweltschädlichen Kohlendioxidemissionen.
Sechs Fachgebiete beteiligt
Damit bei der Energieproduktion nicht nur die verwendeten Materialien, sondern der gesamte Herstellungsprozess nachhaltiger wird, arbeiten gleich sechs Fachgebiete der TU Ilmenau zusammen. Während das Fachgebiet „Grundlagen von Energiematerialien“ um Projektleiter Prof. Thomas Hannappel und das Fachgebiet „Werkstoffe der Elektrotechnik“ die Materialien selbst in den Blick nehmen, sorgen die Fachgebiete „Theoretische Physik“ und „Theoretische Festkörperphysik“ für die Modellierung und ein tiefes Verständnis der entscheidenden Prozesse. Die Fachgebiete „Nachhaltige Produktionswirtschaft und Logistik“ und „Wirtschaftspolitik“ wiederum analysieren die ökonomisch-ökologischen Implikationen der Erforschung nachhaltiger Materialien für Kreislaufstrategien bei der regenerativen Energiegewinnung.
Die Fachgebiete „Theoretische Physik“ und „Theoretische Festkörperphysik“ sorgen für die Modellierung und ein tiefes Verständnis der entscheidenden Prozesse.
Zur Umwandlung von Sonnenlicht in elektrische oder chemische Energie wird anspruchsvolle Halbleitertechnologie eingesetzt. Die Eigenschaften von Silizium, dem am häufigsten eingesetzten Halbleiter, sind aber für eine Anwendung in besonders hochwertigen Bauelementen nicht optimal. Sogenannte III-V-Verbindungshalbleiter haben dagegen hervorragende Eigenschaften für das gesamte Spektrum optoelektronischer Bauelemente. Dabei handelt es sich um eine Verbindung von Materialien der chemischen Hauptgruppe III (Erdmetalle/Borgruppe) und V (Stickstoff-Phosphor-Gruppe), deren Kombination die elektrische Leitfähigkeit von Halbleitern besitzt. Sie ermöglicht damit Rekordwerte nicht nur bei der Effizienz von Solarzellen und der direkten solaren Erzeugung von Wasserstoff, sondern auch bei der Umwandlung von Kohlendioxid in solare Brennstoffe. Allerdings ist das Gruppe-III-Element Indium rar, es findet sich so selten wie zum Beispiel Silber, und auch Gallium und Germanium kommen auf der Erde nur relativ selten vor. Ein weiteres Problem: Die Gruppe-V-Elemente Arsen und Antimon sind giftig und gesundheitsgefährdend.
Ziel: Ersatz kritischer Materialien
Ziel des SustEnMat-Projekts ist es, die kritischen, weil seltenen oder giftigen Materialien durch den verstärkten Einsatz von Aluminium und Phosphor zu reduzieren oder gar zu ersetzen. Zudem soll die Halbleitertechnologie moderner Tandem- und Mehrfachsolarzellen so optimiert werden, dass die Anwendungen für hocheffiziente Solarenergiekonversion ressourcenschonender, ökologisch verträglicher und wirtschaftlicher werden. Mit dem SustEnMat-Projekt beschleunigt die TU Ilmenau Innovationen im Bereich höchsteffizienter Photovoltaik, Wasserstofferzeugung und Synthese chemischer Energieträger und hilft, den Material- und Energieeinsatz in der Produktion zu minimieren.
Die Fachgebiete „Nachhaltige Produktionswirtschaft und Logistik“ und „Wirtschaftspolitik“ analysieren die ökonomisch-ökologischen Implikationen der Erforschung nachhaltiger Materialien für Kreislaufstrategien bei der regenerativen Energiegewinnung.
Wer bezahlt das Projekt?
Die Projektförderung für SustEnMat in Höhe von knapp fünf Millionen Euro kommt von der Carl-Zeiss-Stiftung. Sie hat sich zum Ziel gesetzt, Freiräume für wissenschaftliche Durchbrüche zu schaffen. Als Partner exzellenter Wissenschaft unterstützt sie sowohl Grundlagenforschung als auch anwendungsorientierte Forschung und Lehre in den MINT-Fachbereichen (Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften und Technik). Sie wurde 1889 vom Physiker und Mathematiker Ernst Abbe in Jena gegründet, wo sie auch heute noch einen ihrer beiden Sitze hat. Die Carl-Zeiss-Stiftung ist eine der ältesten und größten privaten wissenschaftsfördernden Stiftungen in Deutschland. Sie ist alleinige Eigentümerin der Carl Zeiss AG und Schott AG. Projekte wie SustEnMat werden aus den Dividendenausschüttungen der beiden Stiftungsunternehmen finanziert. (tl)