Wie sich Thüringer Unternehmen betroffen sehen und vorbereiten

Mit dem Gesetz über die unternehmerischen Sorgfaltspflichten zur Vermeidung von Menschenrechtsverletzungen in Lieferketten vom 22. Juni 2021 wird die Wertschöpfungskette faktisch über den eigenen Geschäftsbereich hinaus um die Zulieferer verlängert, um ein nachhaltiges Lieferkettenmanagement zu erreichen.

Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz | Foto: IWT

Unternehmen sollen künftig mehr als bisher zur Verbesserung der internationalen Menschenrechtslage beitragen. Ein Gastbeitrag von Dr. Enrico Schöbel, Projektleiter, IWT – Institut der Wirtschaft Thüringens GmbH (IWT).

Das Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz (LkSG) richtet sich ab 1. Januar 2023 an Unternehmen mit mehr als 3.000 Beschäftigten und ab 1. Januar 2024 mit mehr als 1.000. Über die Lieferkette oder im Verbund oder durch den Finanzier können auch KMU gefordert sein, Sorgfaltsprozesse einzurichten.

Wie die Ergebnisse einer Pilotstudie der IWT – Institut der Wirtschaft Thüringens GmbH zeigen, haben große und mittlere Unternehmen bereits ein Lieferkettenmanagement, vor allem mit Blick auf Reputation, Kosten und Ressourcen. Die IWT-Studie ist ein Projekt des Nachhaltigkeitsabkommens Thüringen (NA -Thüringen) und durch das Thüringer Ministerium für Umwelt, Energie und Naturschutz gefördert.

Das LkSG verpflichtet Unternehmen sich zu bemühen, das Risiko einer Verletzung von Menschenrechten, Arbeits-, Sozial- und Umweltstandards über die gesamte (globale) Lieferkette zu minimieren. Die Gewährleistung der Menschenrechte liegt weiter beim Staat. Der einzurichtende Sorgfaltsprozess soll fünf Elemente beinhalten:

  1. Grundsatzerklärung
  2. Risikoanalyse
  3. Präventions- und Abhilfemaßnahmen
  4. Dokumentation unnd Berichterstattung
  5. Beschwerdeverfahren

Wie das umzusetzen ist, wurde im IWT Workshop am 15. September 2021 in Erfurt mit zehn Thüringer Unternehmen präsentiert, hinterfragt und diskutiert. Einige Rechtsbegriffe bleiben unklar. Im Sommer 2021 fanden Leitfaden-Interviews mit 16 Thüringer Unternehmen verschiedener Branchen, Größen, Formen und Regionen sowie 55 weitere Gespräche statt.

Befürchtet werden größere Abhängigkeiten und ein wachsender bürokratischer Aufwand. Große Unternehmen bangen um kleine Spezialzulieferer, diese um ihre Großkunden. Viele wünschen sich Prozessbegleitung, Erfahrungsberichte, Orientierungshilfen und Weiterbildungen, aber auch mehr Nachdruck auf politischer Ebene gegenüber einigen Ursprungsländern.

Es besteht ein großer Informationsbedarf. Das ergab auch die standardisierte Befragung von 68 Unternehmen im Oktober 2021 in Kooperation mit den Arbeitgeber- und Wirtschaftsverbänden Thüringens und dem NAThüringen. Mehr als die Hälfte hat bereits ein Risikomanagement, etwa 60 Prozent nutzen externe Audits und Zertifizierungen von Lieferanten, wenige kennen die kostenfreien behördlichen Instrumente der Agentur für Wirtschaft & Entwicklung: CSR Risiko-Check, KMU Kompass und Helpdesk.

Alles in allem wünschen sich die Teilnehmenden eine Fortsetzung der begonnenen Formate, um mehr zu verstehen, im Austausch zu bleiben und um pragmatische Lösungen zu finden. (es)

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