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Thüringer Technologie und Know-how mit im Weltall

Weltraummission „Heinrich Hertz“

Als Anfang Juli die letzte Trägerrakete vom Typ Ariane 5 vom europäischen Startplatz Kourou in Französisch-Guyana abhob, schlug sie damit buchstäblich ein neues Kapitel der deutschen Weltraumforschung auf. An Bord befand sich nämlich der sogenannte Heinrich-Hertz-Satellit. Und mit ihm auch Technologie und Know-how aus Thüringen.

Heinrich-Hertz-Mission 01 © OHB System AG

Der Heinrich-Hertz-Satellit | Foto: © OHB System AG

Mit der Heinrich-Hertz-Mission ist erstmals ein eigener deutscher Kommunikationssatellit zur Erforschung und Erprobung neuer Technologien und Kommunikationsszenarien gestartet. Die Mission leistet damit einen Beitrag zur Informationsgesellschaft in Deutschland. Die Heinrich-Hertz-Mission wird von der Deutschen Raumfahrtagentur im Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) in Bonn im Auftrag des Bundesministeriums für Wirtschaft und Klimaschutz und unter Beteiligung des Bundesverteidigungsministeriums geführt. Nachdem der Satellit im All seinen Dienst aufgenommen hat, wird er rund 15 Jahre lang im geostationären Orbit auf einer Höhe von rund 36.000 Kilometern verbleiben. Ein Ziel der Heinrich-Hertz-Mission ist es, neue Technologien für die Satellitenkommunikation auf ihre Weltraumtauglichkeit zu testen.

Lagesensoren aus Jena

Der Satellit basiert auf der Plattform SmallGEO von OHB. Mit dem Sternsensor ASTRO APS übernimmt ein bewährtes Erfolgsprodukt der Thüringer Firma Jena-Optronik die Lageermittlung des Satelliten. Nach seinem Jungfernflug auf dem europäischen Kommunikationssatelliten Alphasat im Jahr 2013 wurden mehr als 450 dieser Sensoren an internationale Kunden verkauft. Den Bremer Raumfahrtkonzern OHB verbindet schon länger eine Partnerschaft mit Jena-Optronik. So ist der Sensor ebenfalls an Bord der von OHB gebauten Satelliten EDRS-C und Electra.

In dem Jenaer Unternehmen ist man stolz darauf, einen Beitrag zum Gelingen der Mission leisten zu können. „Die Begeisterung für den Einsatz unserer Sensoren bei verschiedenen Raumfahrtmissionen motiviert uns immer wieder aufs Neue“, sagt Teamleiterin Sabine Ludwig. Sie war bislang bei allen Projekten mit OHB als Sternsensor-Projektleiterin tätig.

ASTRO APS Heinrich-Hertz-Mission Teamfoto

Test- sowie Fertigungsteam der Jena-Optronik im Reinraum | Foto: Jena-Optronik

Komponente aus Ilmenau

Mit an Bord ist auch eine Telekommunikationskomponente der TU Ilmenau. Sie soll Kommunikationssatelliten in Zukunft flexibler und für neue Nutzungsszenarien bereitmachen. Die Komponente wurde über mehrere Jahre von den Fachgebieten Hochfrequenz- und Mikrowellentechnik sowie Elektroniktechnologie in von der Deutschen Raumfahrtagentur im DLR geförderten Projekten zur technologischen Reife entwickelt.

Das Besondere daran: Die sogenannte Ka-Band-Schaltmatrix ermöglicht die flexible Zuordnung und das Verschalten von Signalströmen mit großer Bandbreite. So können Daten zu flexiblen Zeiten über unterschiedliche Sendeantennen auf definierte Areale der Erde gesendet oder von dort empfangen werden. Das ist also eine Technologie, die in einer Katastrophensituation wie der im Ahrtal für die Rettungs- und Einsatzkräfte von großer Hilfe gewesen wäre. Bei der Flutkatastrophe vor gut zwei Jahren ist die Telekommunikationsinfrastruktur der Region zerstört worden. Flexibel rekonfigurierbare Satelliten könnten in Zukunft helfen, unterbrochene Kommunikationswege innerhalb kurzer Zeit wieder aufzubauen.

Alexander Ebert, Telekommunikationskomponente, Mikrowellentechnik, Hochfrequenztechnik, TU Ilmenau

Telekommunikationskomponente der TU Ilmenau | Foto: © Alexander Ebert

An Bord des Heinrich-Hertz-Satelliten werden Experimente zur Kommunikations-, Antennen- und Satellitentechnik durchgeführt. Die Versuche wurden von Wissenschaftsinstituten wie der TU Ilmenau und Industrieunternehmen entwickelt. Mit dem Heinrich-Hertz-Projekt soll außerdem die Fähigkeit der deutschen Industrie ausgebaut werden, eigenständig Kommunikationssatelliten zu entwerfen, zu bauen und zu starten. Und Thüringen leistet seinen Beitrag dazu. (tl.)

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