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7.000 Bäume in einem Jahr – Aufforsten für den Klimaschutz
Baumpaten Thüringen
Wer sich in unseren Wäldern umschaut, kann leider trotz nachhaltiger Waldbewirtschaftung manchmal große kahle Flächen entdecken. Dort sind die Bäume von Stürmen umgeweht worden oder im heißen Sommer vertrocknet. Der große Klimaschützer Wald ist selbst krank und braucht Hilfe. Martin Zink (links im Bild) und Curtis Schüßler haben deshalb die Baumpaten Thüringen gegründet und wollen möglichst viele Menschen einbinden. Im Interview mit dem WIRTSCHAFTSSPIEGEL stellen sie ihre Intentionen vor.
Martin Zink und Curtis Schüßler | Foto: Baumpaten
Wann haben Sie die Baumpaten aus der Taufe gehoben und wie sind Sie auf die Idee dafür gekommen?
Wir haben unseren Onlineshop „Baumpate-Thueringen.de“ am 16. November 2021 live genommen. Somit konnten wir bereits vor wenigen Tagen unser einjähriges Jubiläum feiern. Die Idee dazu entstand aus den zahlreichen Berichten der letzten Jahre. Der Thüringer Wald wird zunehmend von Umweltfaktoren wie Hitzewellen, Borkenkäferplagen und Trockenperioden bedroht. Da wir beide in Thüringen geboren und aufgewachsen sind und der Thüringer Wald immer direkt vor unserer Haustür lag, wollten wir nicht tatenlos zusehen, wie immer größere Waldflächen brach liegen. Curtis ist zudem vergangenes Jahr Vater geworden. Auch das hat uns zum Umdenken angeregt, einen Beitrag für nachfolgende Generationen leisten zu wollen.
Ist das eine Geschäftsidee, also kann man damit Geld verdienen?
Grundsätzlich haben wir ein Unternehmen gegründet, um einen Mehrwert für die Gesellschaft zu leisten. Dieser liegt darin, dass private Waldbesitzer neue Bäume erhalten und die Waldflächen wieder aufgeforstet werden können. Gleichzeitig können sich Privatleute und Unternehmen an unserem Projekt beteiligen und engagieren.
Wir arbeiten an diesem Projekt nebenberuflich und zahlen uns keine Gehälter. Unser Fokus liegt darauf, möglichst viele Bäume zu pflanzen und kostendeckend zu arbeiten. Mittelfristig versuchen wir weiter zu wachsen und weitere Thüringer Unternehmen von Baumpatenschaften zu überzeugen, damit wir gemeinsam in den Bestand der Thüringer Wälder investieren können.
Langfristig arbeiten wir daran, die Selbstständigkeit weiter auszubauen, um in den nächsten Jahren möglicherweise in Vollzeit an unserem Projekt zu arbeiten und uns voll und ganz auf diese Themen konzentrieren zu können.
Wichtig ist dabei natürlich, dass es nicht nur darum geht, Bäume zu verkaufen. Neben dem Betreiben des Onlineshops und den damit verbundenen IT-Themen bedarf es viel Organisation mit den Waldbesitzern, Förstern und Baumschulen.
Einige Eindrücke von der Pflanzaktion im März 2022 | Foto: Jacob Schröter
Wie laufen die Pflanzaktionen ab? Sind die Baumpaten aktiv beteiligt?
Die Anpflanzaktionen finden zweimal im Jahr, jeweils im Frühjahr und im Herbst statt. Wir sammeln also jeweils ein halbes Jahr Patenschaften, um die entsprechende Anzahl der Setzlinge bei unseren Baumschulen zu bestellen. Hierbei sind wir außerdem in engem Kontakt mit den Waldbesitzern, um einen gesunden Mix aus Setzlingen zu entwickeln, welcher genau auf das jeweilige Waldgrundstück angepasst ist. Die Setzlinge selbst wurden aus regionalem und zertifizierten Saatgut gezüchtet.
Für uns hat Transparenz eine hohe Priorität, weshalb unsere Firmenkunden zu den jeweiligen Anpflanzaktionen eingeladen werden. Nach einer kurzen Einweisung können sie ihre Setzlinge selbst einpflanzen. Für Getränke und Essen ist auch gesorgt. Das gemeinsame Anpflanzen soll in erster Linie Spaß machen, den Beteiligten aber auch zeigen, was für ein Aufwand hinter dem Pflanzen eines Baumes steckt. Zusätzlich können sich die Unternehmen miteinander vernetzen und in gegenseitigen Austausch treten.
Für unsere privaten Baumpaten können wir die Teilnahme an den Anpflanzaktionen möglich machen, dies ist je doch nur in Absprache möglich. Zum Beispiel war bei unserer Pflanzaktion im Herbst ein Brautpaar dabei , das eine Baumpatenschaft zur Hochzeit geschenkt bekommen hat. Um ihre Hochzeit symbolisch zu besiegeln, möchten sie den Baum gemeinsam pflanzen.
Bäume zu pflanzen ist das eine, sie weiter zu betreuen und zu pflegen das andere. Sie geben die Setzlinge an private Waldbesitzer ab. Ist für Sie –und die eigentlichen Baumpaten – damit die Sache erledigt?
Uns und den Waldbesitzern ist ein langfristiger Erfolg wichtig. Nach der Anpflanzung ist die Arbeit also noch nicht erledigt. Als erstes müssen die Setzlinge vor Wildverbiss geschützt werden. Dann müssen die Grundstücke regelmäßig kontrolliert und instandgehalten werden. Bodendecker wie Brombeeren müssen regelmäßig zurückgeschnitten werden, damit die Setzlinge nicht überwuchert werden und ihnen das Sonnenlicht genommen wird. Somit geht die Arbeit auch noch lange nach der Anpflanzung weiter.
Wir sind erst glücklich, wenn wir in 20 Jahren auf einen erfolgreich aufgeforsteten Wald blicken können. Die Baumpaten selbst müssen hier jedoch keinen Verpflichtungen nachkommen.
Sie bieten die Baumpatenschaften für Privatpersonen und für Unternehmen an. Was haben Unternehmen davon, Baumpatenschaften zu übernehmen?
Viele Unternehmen haben Interesse daran, sich für Nachhaltigkeit und die Umwelt einzusetzen. Diesen Unternehmen bieten wir die Möglichkeit, sich regional zu engagieren. Der Fokus liegt darin, einen Mehrwert für alle zu stiften. Die Unternehmen können ihre Produkte oder Dienstleistungen mit Baumpatenschaften verbinden, indem sie beispielsweise für jeden Verkauf einen Baum pflanzen. Es gab in der Vergangenheit zu oft Skandale über Unternehmen und Projekte, welche die Gelder veruntreut und am Ende keine Bäume gepflanzt haben. Aus diesem Grund haben wir uns auch dazu entschieden, alle Bäume in Thüringen zu pflanzen und dies durch die Pflanzaktionen so transparent wie möglich zu kommunizieren. Zu jeder Baumpatenschaft erhalten private Besteller ein Zertifikat und ein kleines Geschenk. Darum wird sie auch oft als Geschenk für andere verwendet. Häufig wird eine Baumpatenschaft zur Geburt, bei Geburtstagen oder wie im Beispiel des Brautpaares, zur Hochzeit geschenkt.
Das wirft die Frage auf, ob Sie Unternehmen beim so genannten Greenwashing helfen.
Die Unternehmen, die mit uns zusammenarbeiten, sind daran interessiert, regional in Nachhaltigkeit zu investieren. Selbstverständlich nehmen sie die Unterstützung in unser Projekt auch in ihre Kommunikation auf. Das ist grundsätzlich auch in unserem Sinne: Je mehr potenzielle Baumpaten auf unser Projekt aufmerksam werden, desto mehr Bäume können gepflanzt werden. Von Greenwashing kann hier aber nicht die Rede sein, schließlich pflanzen wir gemeinsam Bäume und forsten den Thüringer Wald Stück für Stück auf.
Wie sieht Ihre Bilanz nach rund einem Jahr aus?
Wir sind sehr stolz über die Entwicklung der letzten zwölf Monate. Durch unsere Baumpaten konnten in dieser kurzen Zeit bereits knapp 7.000 Bäume gepflanzt werden. Als wir das Projekt ins Leben gerufen haben, wären wir auch über 100 Bäume froh gewesen und haben mit dem Waldbesitzer besprochen, sein Grundstück in den nächsten Jahren nach und nach aufzuforsten. Stattdessen war es bereits nach der ersten Anpflanzaktion im März 2022 mit über 2.200 Bäumen auf zirka einem Hektar aufgeforstet.
Dieser Erfolg hat uns weiter motiviert, noch mehr Zeit in das Projekt zu stecken. Der neue Waldabschnitt in der Nähe von Groschwitz (im Landkreis Saalfeld Rudolstadt) ist über 16 Hektar groß und bietet vorerst genug Fläche für weitere Baumpatenschaften. Am Platz mangelt es uns definitiv nicht – im Rest Thüringens gibt es genug Fläche, um langfristig fleißig Bäume zu pflanzen.
Interview: Torsten Laudien
Einer der Setzlinge bei der Pflanzaktion im März 2022 | Foto: Jacob Schröter