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Unternehmen am Erfurter Kreuz treiben Dekar­bo­ni­sierung voran

Energie für die Wirtschaft: bezahlbar, sauber, regional

Mehr als 20 Unternehmen der Initiative Erfurter Kreuz e.V. arbeiten in der Interessengemeinschaft Clean­EFX (Sauberes Erfurter Kreuz) gemeinsam daran, das Gewerbegebiet am Erfurter Kreuz klimaneutral mit Energie und Prozesswärme zu versorgen. Bereits vor den derzeitigen geopolitischen Veränderungen, die die Energiepreise in schwindel­erregende Höhen trieben, wurde die Projektidee in mehreren Workshops von Unternehmen und Forschungs­einrichtungen initiiert.

Vertragsunterzeichnung mit Dr. Toshiyuki Suda, IHI Charging Systems, (2.v.r) und Institutsleiter Professor Alexander Michaelis vom Fraunhofer IKTS (2.v.l.) im Beisein von Thüringens Ministerpräsident Ramelow (li.) und Wirtschaftsminister Tiefensee (re.) | Foto: Thomas Abé

Ziel ist es, die am Gewerbegebiet bestehenden Infrastrukturen zu bündeln, Prozessmedien in Sektorkopplung zu nutzen und Synergien untereinander und in der Region zu finden. Die regionale, nachhaltige Energielösung hat bereits weitere Unternehmen begeistert und namhafte Unterstützung in Wirtschaft und Politik ge­funden.

Ministerpräsident Bodo Ramelow und Wirtschaftsminister Wolfgang Tiefensee informierten sich im Rahmen ihrer jeweiligen Sommertouren am letzten Freitag im August im Batterie-Innovations- und Technologie-Center BITC, einem Institutsteil des Fraunhofer-Instituts für Keramische Technologien und Systeme IKTS über den Projektansatz.

Die Akteure der Unternehmen und Institute, die bereits an Lösungen auf Basis von Wasserstoff, Batterien, regenerativen Energiequellen und intelligenten Stoffstromprojekten arbeiten, präsentierten beiden Politikern ihre Ideen in einer Ausstellung.

Ramelow lobte die Initiative als wegweisend und als Signal, das aus der Mitte Thüringens weit über die Landesgrenzen hinaus wahrgenommen werde. Tiefensee sprach von einem wirklichen „Friday for Future“, der zeige, dass sich Ökonomie und Ökologie nicht ausschließen.

Druck auf Unternehmen hat sich drastisch erhöht

 

Die klimatische und geopolitische Lage hat den Druck auf die Unternehmen hinsichtlich ihrer Energieversorgung dramatisch erhöht. Bereits vor den Ereignissen im Februar 2022 mussten klimaneutrale und von den fossilen Energie­trägern unabhängige Energielösungen ge­funden werden. Seitdem hat sich die Lage auch wirtschaftlich verschärft, denn die Energiepreise sind im rasanten Anstieg. Gleichzeitig ist die CO2-Bepreisung der Prozesse und Vorprodukte auf dem Vormarsch.

Bisherige Lösungen auf Basis Erneuerbarer Energien stellten oftmals nur Inselansätze dar, bei denen Unternehmen an eigenständigen Lösungen für ihren Standort arbeiten. Die CleanEFX Initiative verfolgt einen effizienteren Ansatz, bei dem Kapazitäten und Prozess­medien mehrfach in Sektorkopplung genutzt, Lastspitzen und Überschüsse untereinander verteilt werden und teure Infrastruktur gemeinsam ausgelegt und beschafft wird. Dabei wird insbesondere die Verbindung in die Region hergestellt, um eine bezahlbare, saubere und lokale Energielösung für die Anbieter und Verbraucher vor Ort zu erreichen.

Die Interessengruppe am Erfurter Kreuz arbeitet bereits mehrere Jahre an diesem Projekt. | Foto: IEK

Die Technologien sind vorhanden

Prof. Dr. Michael Stelter, stellvertretender Institutsleiter am Fraunhofer IKTS und Vorstand des Thüringer Erneuerbare Energien Netzwerk (ThEEN) e.V., betont: „Die Technologien für eine klimaneutrale und sichere Energieversorgung aus regionalen Quellen sind im Grunde vorhanden, wurden aber in der Vergangenheit oftmals zu zaghaft ein gesetzt oder waren regulatorisch ausgebremst. Mit CleanEFX zeigen wir, dass es geht, wenn man groß denkt, einen klaren Plan hat und alle Akteure an einem Strang ziehen. Wir demonstrieren nicht nur, dass große Industriestandorte klimaneutral versorgt werden können, sondern dass eine ganze Region von solchen gemeinsamen Ansätzen profitieren kann.“

Über die Energieversorgung hinaus böten die neuen Energietechnologien auch das Potenzial für neue Arbeitsplätze oder die Transformation bestehender Branchen in neue Geschäftsfelder. Das Fraunhofer IKTS unterstütze diese Veränderungsprozesse am Erfurter Kreuz mit seinem Wasserstoffzentrum WaTTh und seiner technologischen Vernetzung in die gesamte Region Mitteldeutschland. Auch das ThEEN könne hier mit Methodiken aus industriellen Demonstrationsprojekten zur Senkung der CO2-Emissionen in der Energieversorgung beitragen.

Gemeinsam zum Ziel

Dr. Daniel Bader, Geschäftsführer der IHI Charging Systems International Germany GmbH, ist von Anfang an in der Interessengruppe aktiv und beschreibt: „Wir beschäftigen uns seit mehreren Jahren mit den Anforderungen der CO2 Minimierung, sowohl bei unseren neuen Technologien als auch bei unseren Herstell­prozessen. Wir haben am Standort bereits große Erfolge erzielt, unser Medien­konsum ist CO2-neutral.“ Für weitere Verbesserungen bis zur CO2 Neutralität der Region brauche man aber die Synergien mit anderen Unternehmen und der Gesellschaft. Ab hier zählten Effizienz, Mehr­fachnutzung von Medien und Kopplung von Unternehmen. „Allein kann niemand dieses Ziel  erreichen. Deshalb spielen wir eine aktive Rolle bei der Umsetzung dieser Idee“, so Bader. Der Turboladerhersteller IHI verfolgt den Ansatz, analog wie in der Verbrennertechnologie, die Abgasenergie des Motors zu nutzen, um die Leistungsfähigkeit des Brennstoffzellenantrieb zu steigern und höhere Effizienzwerte zu ermöglichen.

Im Rahmen des Informationsaustausches unter­zeichneten die IHI Charging Systems mit Dr. Toshiyuki Suda und das Fraunhofer IKTS mit Institutsleiter Professor Alexander Michaelis, im Beisein von Ramelow und Tiefensee ein „Memorandum of Understanding“ zur Zusammenarbeit bei der Entwicklung und Industrialisierung von Wasserstofftechnologien am Erfurter Kreuz. (em/tl)

Weitere Informationen finden Sie hier:

www.initiative-erfurter-kreuz.de
www.ikts.fraunhofer.de
www.ihi-csi.de

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