Der überwiegende Teil bleibt dauerhaft erhalten

Was ist über die Bundesgartenschau (Buga) in den letzten zehn Jahren nicht alles gesagt und geschrieben worden.

Nachhaltigkeitsbilanz der Bundesgartenschau 2021 |Foto: Buga gGmbH

Nicht selten dominierte Skepsis über die Sinnhaftigkeit einer solchen Großveranstaltung in unserer Zeit die Debatte. Kann eine Buga – die ja nur eine Saison dauert – überhaupt nachhaltig sein? Unser Autor Heinz Stade hat das Wachsen und Werden der Buga über Jahre journalistisch begleitet. Sein Fazit und Ausblick lautet: „Tausend Dank, der (nachhaltigen) Buga.“

1,5 Millionen statt der veranschlagten 1,8 Millionen Besucher wurden während der 171 Tage währenden Bundesgartenschau Erfurt 2021 gezählt. Dieses Manko verursachte in dem mit 49 Millionen Euro geplanten Durchführungshaushalt der Buga ein siebenstelliges Minus. Dennoch herrschte zur großen Abschlussfeier am Nachmittag des 10. Oktober auf dem sonnenbeschienenen Ausstellungsgelände Petersberg ausnahmslos gute Laune und Zufriedenheit. Ursächlich für das Stimmungshoch: Von den 160 Millionen Euro, die im Zusammenhang mit der Erfurter Buga in Veränderungen, Umbauten oder neu entstandene Ausstellungen investiert wurden, bleibt der überwiegende Teil über die Gartenschau hinaus dauerhaft erhalten.

Die Blumen- und Gartenstadt Erfurt hatte schon Anfang der 1990er Jahre auf eine Bundesgartenschau hingearbeitet und dabei vor allem mit der damaligen iga (heute egapark) als Pfund gewuchert. Doch es dauerte bis 2011, dass die Stadt den Zuschlag bekam. Erst zu diesem Zeitpunkt hatten sich auch einige Rahmenbedingungen für das gärtnerische wie städtebauliche Großereignis namens Buga geändert. Diese Korrekturen ermöglichten es unter anderem, dass auch eine traditionsreiche Bestands-Ausstellungsfläche wie die Erfurter iga finanziell gefördert werden konnte. Sehr bald war klar, dass neben dem egapark der mal mehr mal weniger vor sich hin dümpelnde Petersberg und auch der Nordpark vom Großprojekt Buga profitieren sollten/könnten, wie sich Buga-Geschäftsführerin Kathrin Weiß, erinnert. „Wir sind mit drei Zielen gestartet: Zukunftssicherung des egaparks mit neuen touristischen Angeboten und der Sanierung des Flächendenkmals; Entwicklung des Petersberges als Erholungsort und touristisches Ziel sowie die Ausgestaltung von Nordpark und Geraaue zum großen Landschaftspark.“

Haupt- und ehrenamtliche Gremien debattierten fortan um eine bestmögliche, unverwechselbare Erfurter Bundesgartenschau. Über die insgesamt zehn Mal veranstalteten, jedermann offenstehenden Buga-Dialoge wurde von Anbeginn auch die Erfurter Bevölkerung ins Boot geholt. Längst nicht alle in diesem Prozess zur Sprache gekommenen Blütenträume reiften. Kühne Ideen wie beispielsweise eine zwischen Petersberg und egapark pendelnde temporäre Seilbahn, wie ein „Schaufenster Thüringen“ unter dem Petersberg oder eine – wie auch immer geartete – Wiederherstellung der Türme des stattlichen Bautorsos Peterskirche, verschwanden aus unterschiedlichen Gründen alsbald wieder aus den Idee-Papieren und Planungen. Zur Halbzeit des Vorbereitungs-Jahrzehnts, man schrieb das Jahr 2016, war der Erörterungsprozess weitestgehend abgeschlossen und das Werden der Bundesgartenschau Erfurt auf den nunmehr beiden eintrittspflichtigen Ausstellungsflächen egapark und Petersberg sichtbar im Gange. Gleiches galt zu dieser Zeit auch für die Neu- und Umgestaltung einer nicht zum Bezahlbereich der Buga gehörenden Fläche, die im Nordpark beginnt und rund fünf Kilometer nördlich im Ortsteil Gispersleben endet.

Doch dann kam das Frühjahr 2020. Die aufkommende Covid-19-Pandemie versetzte auch alle am Unternehmen Buga Erfurt 2021 Beteiligten kurzzeitig in eine Schockstarre. Verschieben oder gar Absagen lautete die Frage. Im Mai aber wurde entschieden, die Buga soll wie geplant eröffnen und stattfinden. So kam es – wenn auch mit pandemiebedingt stotterndem Beginn in den Anfangsmonaten April und Mai 2021. Trotz rasant wachsender Besucherströme in der darauffolgenden Zeit war das anfangs bereits erwähnte Minus nicht mehr aufzuholen. Über dessen Ausgleich sind die Stadt Erfurt und das Land Thüringen im Austausch, wie Buga-Finanzchefin Elke Adam nach Toresschluss erklärte.

Die Buga Erfurt 2021 ist seit dem 10. Oktober Geschichte. Mit Blick auf das, was von diesem 171 Tage währenden Event die Zeiten nachhaltig überdauert, wird diese Buga zweifelsfrei auch als eine Erfolgsgeschichte in Erinnerung bleiben. Die traditionsreiche Blumen- und Gartenschaustadt Erfurt hat zu ihren Wurzeln zurückgefunden. Die Effekte für den städtischen Tourismus und den in ganz Thüringen haben Langzeitwirkung. Alexander Hilge, „Mr. Buga“ der Erfurter Stadtverwaltung, hatte die Nachhaltigkeit eines solchen Events von Anbeginn an hervorgehoben. „Ohne Buga wäre nicht möglich, was teils schon im Gange ist: Parks und Brücken zu sanieren, neue Parkflächen zu schaffen, oder neue Wege anzulegen“, entgegnete er Kritikern und Skeptikern stets geduldig. Und obwohl ebenfalls nicht zum Bezahlbereich der Buga gehörend, war das nun als „Nördliche Geraaue“ firmierende „Grüne Band“ die städtebauliche Buga-Großtat schlechthin.

Buga-Chefin Kathrin Weiß fasst das, was in dem von ihr gleichfalls geführten egapark bleibt, so zusammen: „Bis zur Buga konnten wir viele Vorhaben realisieren, die für die Zukunft des egaparks entscheidend waren und die neue Qualität des Parks in den kommenden Jahren prägen werden. Allen voran das Klimazonenhaus Danakil oder der einzigartige Großspielplatz ‚Gärtnerreich‘. Ein Beispiel für die Neugestaltung vorhandener Bereiche ist unter anderem der Rosengarten. Mit mehr als 15.000 Quadratmetern und 4.000 Rosen ist er ein Besuchermagnet. Die komplett erneuerte Staudenschau an der Wasserachse widmet sich auf 4.000 neu bepflanzten Quadratmetern dem Thema Klimawandel. Klimaringe und Klimawald sind am Danakil entstanden. Anlagen wie der Karl-Foerster-Garten oder der Irisgarten waren vor der Buga teilweise oder gar nicht mehr öffentlich zu zugänglich. Zu groß war der Investitionsstau. Beide Areale sind nun wieder hochwertige gärtnerische Präsentationen. Im Irisgarten konnte der beliebte egapark-Südeingang nach vielen Jahren endlich wieder öffnen. Das neue Besucherzentrum mit Shop ist der erste Anlaufpunkt für die Besucher. Zwei weitere ‚iga-61‘-Hallen und zwei Springbrunnen am Haupteingang wurden als Teil des denkmalgeschützten Parkensembles saniert.“

Erfurts Oberbürgermeister Andreas Bausewein wurde nicht müde zu betonen: „Wir wollen über die Buga 2021 hinaus Werte schaffen“ und machte sich dabei stets besonders für den Petersberg und den Zugang zu dieser Stadtkrone stark. Sein Anspruch: „Der Petersberg soll künftig belebter Teil der Innenstadt sein. Wir wünschen uns in weiten Teilen eine öffentliche Nutzung. Kultur, Bildung, Freizeit und Erholung finden hier einen geeigneten Raum.“ Was über die Jahre dort tatsächlich geschah und in Teilen wie in der Defensionskaserne über die Buga-Laufzeit temporär „ausprobiert“ wurde, ließ vor allem die Erfurter Stammbesucher des Petersberges staunen. Der Zugang zum Berg vom Domplatz aus mit behindertengerechtem Panoramaweg und gläsernen Fahrstuhl, die außen komplett und innen teilsanierte Peterskirche, das neue Besucherzentrum am Kommandantenhaus mit modernster Geschichtsausstellung zum Petersberg, die Wiedererlebbarkeit des Festungsgrabens sowie die für die Buga und mögliche künftige Nutzungen aufbereitete Defensionskaserne seien herausgehoben.

„Tausend Dank, Buga“, rief OB Bausewein am Tag der Abschlussveranstaltung in das Publikum und sprach vom Schub der Buga, den man für die weitere Entwicklung der Blumenstadt Erfurt nutzen werde. Dr. Sascha Döll, Leiter des Garten- und Friedhofsamtes von Thüringens Landeshauptstadt, wurde gegenüber dem Autor dieses Textes schon konkreter. Man arbeite bereits an der Idee, den Petersberg für ein regelmäßiges internationales Gartenfestival zu etablieren, das vielleicht schon 2023 erstmals stattfinden könnte.

Autor: Heinz Stade

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