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Wie Thüringens Unternehmen durch
unsichere Zeiten navigieren
Zwischen Vorsicht und Aufbruch
Thüringens Wirtschaft auf der Gratwanderung: Die aktuelle Lage ist angespannt, die Investitionen stocken – und doch sprühen viele Unternehmen vor Ideen. Zwischen Misstrauen gegenüber der Politik und dem Mut zu neuen Märkten suchen sie ihren Weg durch die Krise. Eine neue IWT-Umfrage zeigt, wie viel Innovationsgeist trotz Gegenwind in den Betrieben steckt – und was passieren muss, damit daraus wieder Aufbruchsstimmung wird.
Bildunterschrift | Foto: Fotoquelle
Die Stimmung in Thüringens Wirtschaft gleicht derzeit einem Spagat: mit dem einen Bein fest auf dem Bremspedal, mit dem anderen tastend auf der Startlinie. So jedenfalls lässt sich das Bild umreißen, das die aktuelle Umfrage des Instituts der Wirtschaft Thüringens (IWT) zeichnet.
Die nüchternen Zahlen sprechen eine klare Sprache (siehe
Grafik):
- 50 Prozent der befragten Unternehmen sehen ihre wirtschaftliche Lage auf Vorjahresniveau
- 43,5 Prozent empfinden sie als schlechter
- lediglich 6,5 Prozent berichten von einer Verbesserung.
Ein echtes Stimmungshoch klingt anders. Und doch ist auch spürbar: Die Betriebe harren nicht bloß aus – sie schmieden Pläne.
Einschätzung der wirtschaftlichen Lage | Grafiken: 2025 IWT – Institut der Wirtschaft Thüringens GmbH
Reformen: Hoffnung mit Misstrauensbonus
Steuervorteile, weniger Bürokratie, neue Impulse – vieles von dem, was die Politik angekündigt hat, kommt bei den Unternehmerinnen und Unternehmern grundsätzlich gut an. Fast zwei Drittel (63 Prozent) begrüßen die angekündigten Reformen.
Doch, und hier wird der Ton schärfer, diese Zustimmung ist an eine Bedingung geknüpft: „Entscheidend ist, dass die Vorhaben auch wirklich umgesetzt werden“, mahnt VWT-Hauptgeschäftsführer Dr. Matthias Kreft. Die Skepsis ist greifbar – 39,1 Prozent der Befragten äußern offen Zweifel an der Umsetzungskraft der Politik.
Investitionen auf Sparflamme
Die Zurückhaltung zeigt sich auch beim Blick auf die Investitionspläne:
- 40 Prozent hielten an ihren bisherigen Vorhaben fest
- 37 Prozent schraubten ihre Pläne nach unten
- nur knapp 22 Prozent gaben mehr Geld aus.
„Deutlich wird, dass sich die Unternehmen bei Investitionen zurückhalten“, bringt Kreft es auf den Punkt. Die anhaltende Rezession macht sich bemerkbar –dennoch klammern sich die Firmen nicht an den Status quo.
Neue Märkte, neue Produkte, neue Wege
Besonders bemerkenswert: Trotz schwieriger Lage gehen viele Thüringer Firmen mutig neue Wege. Knapp 70 Prozent arbeiten an neuen Geschäftsfeldern – sei es mit
- neuen Produkten (47,8 Prozent)
- neuen Kunden (47,8 Prozent)
- neuen Märkten (43,5 Prozent) oder
neuen Vertriebskanälen.
Die Beispiele zeigen, wie vielfältig dieser Wandel ist: Technologien aus der Automobilbranche finden ihren Weg in die Gebäude- und Energietechnik, in die Lebensmittel- sowie Sicherheitsindustrie. Andere stellen ihren Energieverbrauch auf biogene oder synthetische Brennstoffe um oder erweitern ihre Produktpalette um Fremd marken. Zudem gewinnen Internationalisierung und Onlinehandel an Bedeutung – manche Betriebe intensivieren sogar gezielt den Ver trieb in die USA.
Blick über den Tellerrand – aber bitte mit
Rückenwind
„Die Umfrage macht deutlich, dass die Lage unverändert angespannt ist, doch die Firmen schauen über den Tellerrand“, resümiert Dr. Kreft. „Entscheidend wird sein, dass die angekündigten politischen Reformen im Bund und im Land Thüringen auch wirklich realisiert werden – und im betrieblichen Alltag spürbarwerden. Das ist die Messlatte. Nur dann kann die Wirtschaft wieder anspringen.“
Vom Schritt zum Sprung
Thüringens Wirtschaft steht unter Druck – und zeigt dennoch Unternehmergeist. Was sie nun braucht, ist kein weiterer „Masterplan auf Papier“, sondern spürbare Entlastung im Alltag. Dann könnten aus vorsichtigen Schritten mutige Sprünge werden.
Dr. Matthias Kreft | Grafiken: 2025 IWT – Institut der Wirtschaft Thüringens GmbH
Bewertung der angekündigten politischen Reformen | Grafiken: 2025 IWT – Institut der Wirtschaft Thüringens GmbH, Foto: VWT
