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IT-Spezialisten aus dem Silicon Valley nach Thü­ringen locken

Wirtschaftsstaatssekretärin Böhler zieht positive Bilanz der Dele­gations­reise in die USA

Thüringen und seine Unternehmen zeigen großes Interesse an Software- und IT-Fachleuten aus dem Silicon Valley, die derzeit von Massenentlassungen betroffen sind. Das hat Staatssekretärin Katja Böhler bei ihrem Besuch in Kalifornien deutlich gemacht.

Ausstellungsbesuch auf der Optik-Messe Photonics West – Dr. Katja Böhler im Gespräch (Bildmitte) | Foto TMWWDG © Barak Shrama

Jobperspektiven stärker ins Ram­pen­licht

„Wir werden keine gezielten Abwerbeaktionen durchführen – aber ich denke, dass wir gerade jetzt, in der momentanen Situation vor Ort, die guten Jobperspektiven bei uns in Thüringen noch stärker ins Rampenlicht stellen sollten.“ Dafür können die Kontakte und Netzwerke genutzt werden, die die Thüringer Wirtschafts­delegation auf ihrer derzeitigen Reise an die amerikanische Westküste geknüpft habe. So steht insbesondere die Deutsch-Amerikanische Außenhandelskammer (GACC) als Ansprech­partnerin für Thüringer Firmen bereit, die sich speziell für die Anwerbung von IT-Fachkräften interessieren.

500-700 IT-Stellen allein in Thüringen unbesetzt

Derzeit suchen Thüringer Unternehmen mehrere Hundert Softwareingenieure – allein in der Stellenbörse der Thüringer Agentur für Fachkräftegewinnung (ThAFF) finden sich mehr als 500, bei der Bundesagentur für Arbeit fast 700 Stellenangebote im IT-Bereich. „Es wird zunehmend schwerer, diesen immer noch weiter wachsenden Bedarf aus eigener Kraft und mit eigenen Hochschulabsolventen zu decken“, sagte Böhler. Gleichzeitig würden derzeit im amerikanischen IT-Sektor aber massenhaft hochqualifizierte Arbeitskräfte entlassen.

Internationale Spezialisten für Thüringen begeistern

„Sicherlich haben diese Fachleute auch in den USA selbst gute Chancen, bald wieder eine Anstellung zu finden“, so die Staatssekretärin weiter. Im Schnitt finden etwa 80 Prozent der von Entlassung betroffenen IT-Mitarbeiter innerhalb von drei Monaten einen neuen Job. Dennoch gebe es gerade im Silicon Valley einen nicht geringen Teil ausländischer Spezialisten, deren Aufenthalt an ihren Arbeitsplatz gebunden sei – und für die der Wegfall des Jobs ein Anlass sein könne, die Übersiedlung in ein anderes Land in Erwägung zu ziehen. Böhler: „Das ist aus meiner Sicht die Zielgruppe, auf die wir uns bei unserer Fachkräfteansprache konzentrieren sollten. Europa, Deutschland und Thüringen haben aus meiner Sicht da keine schlechten Karten.“

Ausstellungsbesuch auf der Optik-Messe Photonics West | Foto © Barak Shrama

Thüringer Delegation: Besuch der Unternehmenszentrale von Chiphersteller Intel | Foto TMWWDG © Barak Shrama 

Positives Fazit trotz Wetter­kapriolen

Insgesamt zog die Staatssekretärin ein positives Fazit der Delegationsreise, die in drei Tagen knapp 20 Termine umfasste – im kalifornischen Parlament (der State Assembly), mit Unter­nehmen wie Intel, Zeiss US, Jabil, Autodesk, Nvidia, Applied Materials oder Plug&Play, den Universitäten in Stanford und Berkeley, Ausstellerbesuchen auf der Optik-Messe Photonics West sowie mehreren Netzwerk­veranstaltungen mit amerikanischen Unter­nehmen. Wegen des heftigen Winter­wetters in Texas hatten weitere geplante Termine in der texanischen Hauptstadt Austin allerdings abgesagt werden müssen.

Fachkräfte, Künstliche Intelligenz, Gründungen und Innovation

„Die USA sind unser wichtigster Handels- und Forschungspartner in der Welt“, sagte Böhler. Das Land stehe in vielen Bereichen vor ähnlichen Herausforderungen wie Deutschland – das reiche vom Fachkräftemangel über Klimakrise und die Transformation der Energiesysteme bis zu aktuellen Themen wie der hohen Inflationsrate oder den gestiegenen Miet- und Immobilienpreisen. Die meisten Anknüpfungspunkte für künftige Kooperationen habe man dabei in den Bereichen Fachkräfte, Künstliche Intelligenz, Gründungen und Innovation identifizieren können,“ so Böhler. „Jetzt kommt es darauf an, diese ersten Kontakte und Ansätze in den kommenden Wochen und Monaten zu konkretisieren und zu vertiefen.“

Besuch der Linac Coherent Light Source (LCLS) Röntgenlaserquelle in Stanford | Foto TMWWDG © Barak Shrama 

Thüringens Footprint im Sonnen­staat

Dass man dabei bereits auf gut etablierte Brücken der Zusammenarbeit zurückgreifen könne, sei eine zusätzliche Erkenntnis aus der Delegationsreise gewesen, so Böhler weiter. „Überall in Kalifornien findet man Thüringer Bezüge – auf der Photonics West, auf der Thüringer Aussteller eine starke Präsenz haben; bei einer kalifornischen Abgeordneten, die jahrelang in Thüringen gelebt hat; bei einem Forscher in Stanford, der Teile seiner Ausbildung in Thüringen absolviert hat; in einem erfolgreichen kalifornischen Unternehmer mit Jenaer Wurzeln; oder in der Kopie des Weimarer Goethe-Schiller-Denkmals im Golden Gate Park in San Francisco. Thüringen hat in Kalifornien bereits eine hervorragende Visitenkarte abgegeben – darauf können wir stolz sein, aber diese Chance sollten wir in Zukunft noch stärker nutzen.“ (em/jk)

Thüringen Talk auf der Photonics West | Foto TMWWDG © Barak Shrama

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