Das Problem sitzt meist vor dem Rechner

Studie zur Cybersicherheit

Die Anzahl von Cyberattacken gegen Unternehmen ist in den vergangenen Jahren immer weiter gestiegen. Mehr als eine Million der rund 3,5 Millionen kleinen und mittelständischen Unternehmen (KMU) in Deutschland hat in den letzten Jahren bereits Cyberangriffe gegen das eigene Unternehmen erfahren müssen. Vor allem unter den Mittelständlern mit 50 bis 250 Mitarbeitern berichtet mehr als jedes zweite Unternehmen, schon mindestens einmal von einer Cyber-Attacke betroffen gewesen zu sein. Das sind Ergebnisse der aktuellen HDI Cyber-Studie, zu der Versicherungs- und IT Entscheider von mehr als 500 KMU in Deutschland durch das Forschungs- und Beratungsinstitut Sirius Campus repräsentativ befragt wurden.

Foto: Yingyaipumi – stock.adobe.com

Fast drei Viertel der erfolgreichen Angriffe verursachen dabei erhebliche Schäden und kosten KMU im Schnitt 95.000 Euro. Bei Freiberuflern liegt der Schadendurchschnitt laut Studie sogar bei 120.000 Euro und größere Mittelständler berichten über Schäden von bis zu 500.000 Euro. Dass laut Untersuchung Mittelständler überdurchschnittlich betroffen waren, heißt jedoch nicht, dass kleinere und Kleinstunternehmen für die Angreifer nicht interessant sind. Auch rund ein Drittel der Kleinstunternehmen mit bis zu neun Mitarbeitern und 37 Prozent der Kleinunternehmen mit 10 bis 49 Mitarbeitern sind in den letzten Jahren bereits Opfer von Cyber-Attacken geworden.
Es zeige sich ein genereller Trend: Kleinere Unternehmen gerieten verstärkt in den Fokus, seitdem sich größere Unternehmen besser gegen solche Angriffe schützten. KMU haben dagegen häufig nicht so hohe Sicherheitshürden wie große Unternehmen. Außerdem nutzen Angreifer die KMU auch als „Point of Entry“ für weitere Angriffe. Denn als Dienstleister unterhalten sie häufig auch IT-Schnittstellen zu Großunternehmen.

Angriffe hauptsächlich über Schwachstelle „Mensch“

Angriffe über erweiterte Computer- oder IoT-Netzwerke oder über Wartungsschnittstellen von Druckern oder Kopierern – Angriffsmethoden werden immer ausgefeilter und technisch anspruchsvoller. Allerdings sind es bislang relativ wenige Unternehmen, die in der Praxis bereits auf diese Weise attackiert wurden. Im Schwerpunkt zielen die Angriffsmethoden weiterhin klar auf die Schwachstelle Mensch. So geben 20 Prozent der Unternehmen an, dass sie bereits durch Vortäuschen falscher Identitäten, Spam- oder Phishing-Mails attackiert wurden. Fast genauso viele wurden über verseuchte Anhänge in E-Mails an Mitarbeiter und Schadsoftware angegriffen. Technisch anspruchsvollere Angriffsmethoden gelte es trotzdem weiter im Fokus zu behalten und technische sowie organisatorische Gegenmaßnahmen zu ergreifen.

Betriebsunterbrechungen und Diebstahl von Kundendaten

Rund ein Viertel der betroffenen Unternehmen musste mit Betriebsunterbrechungen in Folge der Attacken klar kommen, so die Stu dien-Ergebnisse. Zum Beispiel konnte ein Unternehmen aufgrund der kompromittierten Systeme seine Kunden vorübergehend nicht beliefern. Als noch relevanter bewerten die befragten Unternehmen nur den Diebstahl von Kundendaten: 45 Prozent der Befragten sahen hier eine große Relevanz und fast jedes vierte der angegriffenen Unternehmen war bereits betroffen. Genauso häufig sind Auswirkungen auf den Ruf des Unternehmens: 22 Prozent der attackierten Unternehmen beklagen Image- und Reputationsschäden infolge der Cyberangriffe. Zudem sahen sich 15 Prozent mit Schadenersatzforderungen von Kunden konfrontiert und 16 Prozent mit Industriespionage und dem Verlust geheimer Unterlagen.

Betriebsunterbrechungen treiben die Schadenkosten in die Höhe

Betriebsunterbrechungen erweisen sich auch als wichtiger Treiber der Schadenhöhe. Bei mehr als der Hälfte der betroffenen Unternehmen war der Betrieb laut Studie für mindestens zwei Tage eingeschränkt. Besonders hart getroffen wurden dabei Kleinstunternehmen. Denn allein das Entfernen von Schadsoftware und das Einspielen von Updates ist in komplexen IT-Systemen von heute nicht in ein paar Stunden erledigt, auch nicht in kleineren Unternehmen.

Angriffe häufig nur zufällig entdeckt

Häufig werden Cyberangriffe bei kleinen und mittelständischen Unternehmen nur zufällig entdeckt. Auch das ist ein Ergebnis der Cyberstudie. Das Ziel müsse daher sein, Angriffe frühzeitig zu erkennen und Schadsoftware unschädlich zu machen. Insgesamt gaben jedoch 28 Prozent der betroffenen KMU an, dass Cyberattacken nur durch Zufall entdeckt wurden. Bei Kleinst- und Kleinunternehmen war dies sogar bei jeweils rund einem Drittel der Firmen der Fall.
Mittelständische Unternehmen entdeckten Cyber-Angriffe dagegen zum großen Teil durch systematisches Screening. Neben der Überprüfung veröffentlichter Schwachstellen gehört das Screening zu den erfolgversprechendsten Methoden, Cyberattacken möglichst frühzeitig zu bemerken und Gegenmaßnahmen einleiten zu können. Kleinere Unternehmen haben hier oft erheblichen Nachholbedarf. Besonders schlecht für Unternehmen ist dagegen, wenn Cyberangriffe erst durch die Schäden, die sie anrichten, bemerkt werden. Etwa ein Fünftel der von Cyberattacken betroffenen Unternehmen musste bereits derartige Erfahrungen machen. Mit 17 Prozent etwas weniger bei den Mittelständlern, bei kleineren Unternehmen mehr.

Einsatz von Spezialisten und Austausch des IT-Dienstleisters

Bei der Schadenbeseitigung kam meistens ein unternehmenseigenes Team oder der interne Verantwortliche für Informationssicherheit der Unternehmen zum Einsatz. Rund die Hälfte der attackierten Unternehmen setzen bei der Schadenbeseitigung auf interne Kräfte. Zum Beispiel trennt in einem solchen Fall ein speziell geschultes Team das kompromittierte System vom Netzwerk und setzt das System neu auf, spielt ein Backup ein oder entfernt die Schadsoftware. Anschließend werden ein FullScan der Systeme und weitere forensische Untersuchungen durchgeführt. 38 Prozent überließen die Aufgabe ihrem IT-Dienstleister. Außerdem gaben 30 Prozent der Betroffenen an, IT-Spezialisten der Cyberversicherung zu Rate gezogen zu haben.

Die Härtung der eigenen Systeme mit neuer Soft- und Hardware sowie zusätzlichen Präventionsmaßnahmen standen nach einer Cyber-Attacke bei vielen im Fokus: Jeweils über ein Drittel der
Unternehmen entschieden sich für mindestens einen dieser Schritte. Dass Cyberangriffe zu Schäden führten, hatte häufig auch Auswirkungen auf die Zusammenarbeit mit IT-Dienstleistern: Für rund ein Fünftel der bisherigen IT-Dienstleister bedeutete es das Aus beim attackierten Unternehmen: 21 Prozent der Unternehmen wechselten in der Folge den IT-Dienstleister.

Als Konsequenz der erlittenen Cyber-Attacke entschied sich außerdem über ein Viertel der betroffenen Unternehmen für den Abschluss einer Cyber-Versicherung. Denn gerade nach größeren Schäden tritt die Frage nach einem möglichen Versicherungsschutz in den Fokus. Nur bei einem Viertel der Schadenfälle war der Schaden umfassend durch eine Cyber-Versicherung abgesichert. (em/tl)

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