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Wie können die Raumkonzepte der Zukunft aussehen?
In den vergangenen zwei Jahren hat sich die Art, wie wir arbeiten, grundlegend verändert. Das hat nicht nur Einfluss auf Kommunikation und Miteinander, sondern auch auf die Flächen, auf denen man sich dabei üblicherweise begegnete – die Büros. Aber wie geht man dieses Thema an? WIRTSCHAFTSSPIEGEL ist auf die Suche gegangen und bei einem Bauunternehmen fündig geworden, das den Selbstversuch unternommen hat.
Bild: Goldbeck
Wertschätzung der Arbeit im Büro
„Unsere Ansprüche an die Arbeit verändern sich“, weiß Andreas Kiermeier, Leiter der Goldbeck Niederlassung Thüringen. „Dies hat schon jetzt unsere Büroumgebung verändert.“ Zahlreiche Studien belegen, dass Beschäftigte zwar Gefallen an der Arbeit im Homeoffice gefunden haben, aber auch einiges vermissen, was sie nur im Büro bekommen. Dabei spielen insbesondere soziale Aspekte eine große Rolle. Vom direkten Austausch über die zufälligen Gespräche bis hin zu den gemeinsamen Mittagspausen – all das ist nur im Büro möglich. Auch die kreative Zusammenarbeit, zum Beispiel in Form von Brainstormings oder Workshops, gerät in der rein digitalen Arbeitswelt an ihre Grenzen. „Die meisten Beschäftigten wünschen sich deshalb eine flexible Mischung aus mobiler und Präsenzarbeit.
Andreas Kiermeier, Leiter der Goldbeck-Niederlassung Thüringen | Bild: Goldbeck
Büroflächen nach dem New Work-Ansatz
Diese Erfahrung machen wir bei uns im Unternehmen und bekommen ähnliche Rückmeldungen auch von unseren Kundinnen und Kunden“, erklärt Kiermeier. Die Folge dieser Entwicklung:
Klassische Schreibtischarbeitsplätze werden weniger, während die Kommunikationsbereiche zunehmen. „Mit einer reinen Umverteilung der Flächen ist es aber nicht getan“, so Kiermeier. „Die Büroflächen müssen insbesondere mit Blick auf New-Work Konzepte auch mehr leisten.“
Der New Work-Ansatz stammt aus den 1970er Jahren und geht auf den Philosophen Frithjof Bergmann zurück. Einer seiner zentralen Gedanken ist, dass es Menschen ermöglicht werden sollte, so zu arbeiten wie sie „wirklich, wirklich wollen“. „Das bedeutet zwangsläufig, dass es nicht mehr nur die eine Form von Arbeitsplätzen geben kann. Bereits jetzt werden verschiedene Bürokonzepte mit offen Flächen oder einer Mischung aus offenen und geschlossenen Flächen so wie Bereichen für spontanen Austausch und Kreativitätsförderung umgesetzt“, beschreibt Kiermeier.
Berücksichtigung individueller Interessen
„Dabei ist zu beachten, dass verschiedene Berufsgruppen verschiedene Bedürfnisse haben.“ Während in der einen Abteilung eher offene Flächen und Treffpunkte zum kollaborativen Arbeiten benötigt wer den, sind in den anderen Bereichen eher Einzelbüros gefragt, in denen die Beschäftigten konzentriert und vertraulich arbeiten können. „Im Normalfall werden die individuellen Interessen vorab in Gesprächen mit den entscheidenden Personen identifiziert und so direkt in der Planung berücksichtigt“, weiß Kiermeier.
Um Bauherren bei der Definition dieser Bedarfe zu unterstützen, gibt es, je nach Planungsbüro, unterschiedliche Möglichkeiten der Einflussnahme. In der Praxis bedeutet das: Kundinnen und Kunden beantworten einen Fragenkatalog, in dem unter anderem die Mitarbeiteranzahl und die bevorzugte Arbeitsweise abgefragt wird. Auch eine Priorisierung der Wünsche ist möglich. Als Ergebnis erhält der Kunde eine individuelle Empfehlung für sein Büroraumkonzept. Goldbeck bietet zum Beispiel das Tool „Office IDEA“– kurz für „Identify, Determine, Explore, Act“ an.
Leerraum adé: Effiziente Flächenplanung und Multifunktionalität
„Büroräume müssen von Anfang an gut durchdacht werden – das ist nicht nur Grundlage für ein Büro, in dem wir gerne arbeiten, sondern spart auch Kosten und Energie“, erläutert Kiermeier. Vor diesem Hintergrund spielt die Flächeneffizienz eine entscheidende Rolle. „Und die ist eng gekoppelt an die Multifunktionalität. Das naheliegendste Beispiel ist die Kantine oder das Großraumbüro.“ Ein Stück weiter geht der Flexible Office-Ansatz. Die grundlegende Idee dahinter: Fest zugewiesene Arbeitsplätze können aufgelöst und durch multifunktionale Arbeitsumgebungen ersetzt werden.
Bild: Goldbeck
Die Mitarbeitenden nutzen Arbeitsplätze, Arbeitsmittel und Services gemeinschaftlich und wählen für jede Tätigkeit die Umgebung, die sie am besten unterstützt. Hierfür bietet das sogenannte „Flex-Desking“-Lösungen, die aus flexiblen Raummodulen und technischen Komponenten für die Erfassung und Buchung freier Arbeitsplätze bestehen. „Die Module reichen von einzelnen Büros bis hin zu Treffpunkten wie dem halboffenen Raum mit Sitzmöglichkeiten, der sich ideal eignet, um informelle, lockere Gespräche zu führen“, sagt Kiermeier. Wie groß der Anteil an Flex Desking ist, entscheidet jedes Unternehmen selbst. „Auch hier sind die Bedürfnisse sehr unterschiedlich. Mit unserem neuen Tool erhalten wir einen ersten Eindruck und können auf Basis dessen gemeinsam mit dem Kunden die konkreten Bedarfe bestimmen und später realisieren.“
Wohlfühl-Atmosphäre auch in den Pausen
Doch nicht nur Wirtschaftlichkeit und Nachhaltigkeit müssen stimmen, sondern auch die Atmosphäre. „Die Kompetenz, für unsere Kunden Büroflächen mit Wohlfühl-Atmosphäre zu planen und umzusetzen, haben wir bereits seit einigen Jahren im eigenen Haus.“ Dabei dienen die eigenen Goldbeck-Standorte nicht selten als Pilotflächen und Showrooms. So wurde zuletzt der Goldbeck-Standort in Hirschberg an der Bergstraße innenarchitektonisch umgestaltet.
Der Ausstellungsbereich – das sogenannte „SystemZentrum“ wurde zum multifunktionalen „Green Plaza“ umgewandelt. Zwischen Gebäudeexponaten in Originalgröße und zehn Meter hohen Bäumen kann nun zugleich bemustert, gearbeitet und zu Mittag gegessen werden. Auch Rückzugsräume und eine Fitness-Garage wurden geschaffen. „Die Mitarbeitenden müssen sich nicht nur in ihrem Büro, sondern auch in den Pausen wohlfühlen, ich finde das ist uns an diesem Standort gut gelungen“, fasst Kiermeier zusammen. (bs)