3D-Technologien für die Mensch-Maschine-Interaktion

Fraunhofer IOF Jena koordinierte Forschungsallianz

Die Interaktion zwischen Mensch und Maschine mithilfe innovativer 3D-Technologien effizienter und sicherer zu gestalten – das war das Ziel der Forschungsallianz „3Dsensation“. Nach acht Jahren endete nun das vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) mit 45 Millionen Euro geförderte Verbundprojekt. Zusammen blicken die Partner aus Forschung, Industrie und Wirtschaft auf wegweisende Entwicklungen innerhalb des Verbunds zurück – etwa zur Gesundheitsüberwachung von Neugeborenen, zur fälschungssicheren Personenidentifikation oder zum Warenmanagement im Einzelhandel.

Foto: Fraunhofer IOF

Maschinen sind uns als Partner im Alltag schon längst unersetzlich geworden. Nicht nur in großen Produktionshallen oder komplexen industriellen Fertigungsprozessen greifen menschliche und maschinell-gestützte Prozesse eng ineinander. Auch im Privaten nehmen Assistenzsysteme für unsere Sicherheit und unseren Komfort eine zunehmend große Rolle ein. 3D-Technologien sind dabei eine wesentliche Grundlage, um eine Interaktion zwischen Maschinen und ihrer Umwelt überhaupt zu ermöglichen.

Acht Jahre, 81 Partner und 77 Vorhaben mit über 200 Teilprojekten

2013 der Herausforderung, Innovationen für eine künftig noch sicherere und effizientere Interaktion zwischen Menschen, Maschinen und Robotern zu entwickeln. Koordiniert wurde die Allianz am Fraunhofer-Institut für Angewandte Optik und Feinmechanik IOF. In enger Kooperation mit zeitweilig bis zu 81 Kooperationspartnern aus Wissenschaft, Wirtschaft und Industrie wurden während der Laufzeit von acht Jahren 77 Forschungsvorhaben mit über 200 Teilprojekten im Verbund umgesetzt. „Das Ziel unserer Forschungsallianz war es, Stärken von Mensch und Maschine zu kombinieren“, resümiert Prof. Dr. Andreas Tünnermann, Leiter des Fraunhofer IOF und Vorsitzender des Lenkungskreises. „Ausgehend von einer konkreten technologischen Herausforderung haben wir uns als Allianz zusammen mit unseren Partnern dabei zu einem Konsortium entwickelt, das extrem anwendungsorientiert und forschungsfeldübergreifend gearbeitet und damit letztendlich gesellschaftlich relevante Fragestellungen adressiert hat“, so Tünnermann weiter. „3Dsensation“ habe  Innovationen hervorgebracht, von denen er überzeugt sei, dass sie sich erfolgreich am Markt etablieren werden.

Vitalparameter erfassen mit „NeoVital“

Dazu gehört das Verbundprojekt „Neo Vital“. Es überwacht Vitalparameter von Früh- und Neugeborenen. Selbst wenn bei der Geburt eines Kindes noch alles in bester Ordnung scheint, so kann sich der Gesundheitszustand schon kurz darauf rapide ändern. Insbesondere Frühgeborene bedürfen einer intensiven Beobachtung, um plötzlich auftretenden Komplikationen rechtzeitig begegnen zu können. Kontaktbasierte Messgeräte zur Aufzeichnung von Vitalzeichen sind dabei für die kleinen Patientinnen und Patienten nicht nur unangenehm – sie erlauben auch keine lückenlose Überwachung, etwa bei Transportvorgängen im Krankenhaus oder bei bestimmten Diagnosemethoden. Genau diese Versorgungslücke will „Neo Vital“ schließen: In einem interdisziplinären Verbundprojekt wurde ein kontaktloser und multispektraler 3D-Sensor entwickelt. Er erlaubt die Erfassung der Vitalparameter von Neu- und Frühgeborenen in
Echtzeit. „Zu diesem Zweck haben wir bereits bestehende optische Komponenten zur multispektralen 3D-Erfassung auf die Anforderungen einer klinischen Umgebung hin angepasst“, erläutert Jan Sperrhake, leitender Forscher im Projekt. Verbaut ist der Sensor in einem kugelförmigen Gerät, das in direkter Nähe zum Säugling zum Beispiel am Babybett oder an einem Behandlungstisch angebracht wird. Ein Demonstrator wurde während einer Pilotstudie bereits fest in der Kinderklinik des Universitätsklinikums Jena installiert und kam dort im laufenden Betrieb zum Einsatz. Aktuelle Studienergebnisse unterstreichen die Präzision der Messungen. Aus dem Projekt ist mittlerweile das Jenaer Start-up Xsight Optics hervorgegangen.

Berührungslose Personenidentifikation mit „3D4F“

„Zeig mir deinen Finger und ich sag dir, wer du bist“ – Fingerabdrücke sind eine Methode, um Personen eindeutig zu identifizieren. Die sensorische Erfassung über die Berührung eines Scanners ist jedoch mit der Gefahr verbunden, Viren und Bakterien zu übertragen – insbesondere dann, wenn der Scanner an Einrichtungen mit großem Durchgangsverkehr wie etwa Flughäfen oder Einwohnermeldeämtern zum Einsatz kommt. Nicht erst seit der Corona-Pandemie sind daher Alternativen gefragt, die die hygienisch unbedenkliche Erfassung von Fingerabdrücken für große Menschenmengen erlauben. Hier schließt der Sensor „3D4F“ an. Es handelt sich dabei um einen Vier-Finger-Scanner auf Basis berührungsloser 3D-Erfassungstechnologien. Ganz ohne Kontakt erfüllt er erstmals die weltweit anerkannten Sicherheitsstandards des FBI. Dies gelingt, indem eine hochauflösende Kamera mit einer eigens für den Sensor entwickelten Objektiv-Projektor-Kombination kombiniert wird. Auf diese Weise können die nötige Auflösung und Bildqualität des Scans gewährleisten werden, die es braucht, um mit dem FBI-Standardkonform zu bleiben. Eine weitere Besonderheit: Durch speziell entwickelte Algorithmen wird die per 3D-Scan erfasste Abbildung der Hand in ein 2D-Bild umgewandelt. Auf diese Weise kann eine Schnittstelle zum Abgleich mit bereits heute existierenden Datenbanken geschaffen werden.

Serviceroboter „TORY“ entlastet Personal im Einzelhandel

Die Inventur im Einzelhandel ist eine notwendige, zugleich aber ressourcenintensive Aufgabe. Mitarbeitende müssen dafür nicht nur wertvolle Arbeitszeit investieren – zum Teil müssen Geschäfte sogar vollständig geschlossen werden, um die Erfassung des Warenbestandes durchführen zu können. Hier bietet der Serviceroboter „TORY“ künftig eine Alternative: Der Roboter fährt selbst ständig durch die Verkaufsflächen, digitalisiert dabei den Artikelbestand und bucht die erhobenen Angaben in das Warenwirtschaftssystem ein. Entwickelt wurde das System von MetraLabs aus Ilmenau im Rahmen des 3Dsensation-Verbundvorhabens „ROTATOR“. „Der Roboter kann Warenbestände zehnmal schneller und mit einer deutlich geringeren Fehlerquote erfassen als ein Mensch“, erläutert Dr. Andreas Bley, Mitgründer und Geschäftsführer bei Metra-Labs sowie Koordinator des Projektes. „Auf diese Weise kommt es zu einer signifikanten Entlastung der Mitarbeitenden bei gleichzeitiger Effizienzsteigerung im Warenmanagement.“ Das System kommt bereits bei ersten Kunden in Deutschland, Europa und Australien zum Einsatz. (em/tl)

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