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Hochschule Schmalkalden (HSM)

Wie lässt sich Personal halten?

Über wirtschaftspsychologische Faktoren der Mitarbeiterbindung

In Zeiten obwaltenden Fachkräftemangels wird die Herausforderung für Unternehmen, qualifiziertes Personal anzuwerben und zu halten, nicht eben geringer. Durch die Fluktuation der Beschäftigten ergeben sich nebst Potentialen frischen Winds auch Reibungsverluste, die Unternehmen vermeiden wollen. So bedarf neues Personal einer Einarbeitungszeit, und zugleich verlieren die Unternehmen mit den Mitarbeiter:innen immer individuell erworbenes Sach- und Handlungswissen. Nicht zuletzt müssen Vakanzzeiten überbrückt werden, wodurch die Arbeitsbelastung der Kolleg:innen steigt.

Mitarbeiterbindung durch Commitment

Fotos: Adobe Stock

Faktoren der Bindung

Was hält Mitarbeiter:innen an ihren Arbeitsstellen? Ein Faktor der Bindung lässt sich mit „commitment“ umschreiben, das begrifflich zwischen Verpflichtung, Hingabe und Engagement schwankt und aus verschiedenen Komponenten besteht: Im affektiven Commitment, das in der Studie im Fokus stand, geht es um eine gefühlte Bindung an das Unternehmen und den Job. Demgegenüber zielt das normative Commitment auf eine wahr genommene Verpflichtung gegenüber dem Unternehmen. Und schließlich hebt das kalkulatorische Commitment auf eine vergleichsweise oberflächliche Bindung qua rationaler Erwägungen ab.

Die Frage der Studie ist nun, wie und ob die Bindungseffekte des affektiven Commitments mit der Einbettung in den Job und dem psychologischen Vertragsbruch zusammenhängen respektive sich positiv oder negativ auf die Mitarbeiterbindung auswirken. Um dies zu klären, wurde eine Online-Befragung von über fünfhundert Teilnehmenden vorgenommen und ausgewertet.

Einbettung und psychologische Verträge

Die Einbettung besteht nicht nur selbst aus verschiedenen Aspekten, es ist zudem wichtig, zwischen den Sphären des Beruflichen und des Privaten zu trennen. Die Verbindungen sind der erste Aspekt: Sie beziehen sich auf das soziale Umfeld und die Aktivitäten, also neben dem Kreis der Kolleg:innen und den Führungskräften auch kollektive Teambuildingmaßnahmen auf der einen Seite, und das familiäre Umfeld sowie die Freundes- und Bekanntenkreise und die Freizeitaktivitäten auf der anderen Seite. Die Passung als zweiter Aspekt zielt auf die Kompatibilität zwischen dem Individuum mit seinen Kenntnissen, Talenten und seiner Biografie und dem Anforderungsprofil des Jobs: Ein Mangel dieses Faktors könnte zu einer Über- oder Unterforderung bzw. zu Frustrationserfahrungen führen. Auf der anderen Seit fällt hier die Work-Life-Balance ins Gewicht. Die dritte Komponente ist der Verzicht und meint die Vorzüge, die bei einem Jobwechsel seitens des Beschäftigten aufzugeben wären. Neben der Vergütung sind dies unter anderem Home-Office-Regelungen, Job-Tickets, betriebliche Rentenversicherungen oder Möglichkeiten der Kinderbetreuung.

Der dritte Faktor ist der psychologische Vertragsbruch: Der psychologische Vertrag lässt sich als eine gegen seitige Erwartungshaltung verstehen, die durch verschiedene Situationen und Akteure geprägt werden kann. Von Seiten der Beschäftigten kann dies bereits durch die Selbstpräsentation des Unternehmens im Internet geschehen, durch Bewerbungsgespräche oder auch den Onboarding-Prozess. So entsteht eine Erwartungshaltung des oder der Beschäftigten gegenüber der Organisation, seien es monetäre Versprechungen, die Ausrichtung der Arbeitsstelle, Weiterbildungen oder andere Dinge. Die Folgen des Vertragsbruchs sind Enttäuschung und Demotivation. Gerade weil dieser Vertrag nicht kodifiziert ist, fällt es in den Aufgabenbereich der Führungskräfte, auf Signale seiner Nichteinhaltung seitens der Beschäftigten zu achten.

Befragung und Auswertung

Die Autorinnen gingen den Fragen der Mitarbeiterbindung über eine Online Befragung Anfang 2024 nach, die sie über Karrierenetzwerke und eine Hochschule für das berufsbegleitende Studium verbreiteten. Im Ergebnis der Studie kann resümiert werden, dass zwischen den angesprochenen Variablen ein direkter, starker statistischer Zusammenhang festgestellt werden konnte. Eine These der Studie war, dass die Einbettung das affektive Commitment stärkt, was wiederum zu einer höheren Mitarbeiterbindung führt: Auch wenn sich diese Annahme bestätigt fand, wurde gleichzeitig eine vom Commitment unabhängige Beziehung der Einbettung und der Mitarbeiterbindung festgestellt. Hier würde sich folglich eine Förderung lohnen.

Empfundene psychologische Vertragsbrüche verringern die Bindungswirkung der anderen Aspekte. Dabei sind Vertragsbrüche keine Seltenheit: Ungefähr ein Viertel der befragten Personen konnte ein oder mehrere Beispiele nennen, wobei sich die meisten ungehaltenen Versprechen auf die Personalentwicklung und das Gehalt bezogen.

Mitarbeiter:innen binden

Im Resultat können Unternehmen, denen an der Mitarbeiterbindung aus guten Gründen gelegen sein sollte, nun auf Stellschrauben zurückgreifen. Neben klassischen Teambuildingmaßnahmen kann die Passung des Jobs beständig optimiert werden. Wichtig ist es bei diesen Maßnahmen, auf die individuellen Bedürfnisse der Beschäftigten zu achten und die Passung der privaten und der beruflichen Sphäre mitzudenken. Daneben sollten Unternehmen und speziell die Führungskräfte und die Verantwortlichen im Personalbereich eine Sensibilität gegenüber dem psychologischen Vertrag ausbilden: Hierbei sind neben den expliziten Aussagen eben auch die impliziten Gehalte wichtig.

Der Artikel wird im April 2025 in der Zeitschrift Führung + Organisation (zfo) erscheinen. Die Studie konnten die Wissenschaftlerinnen auch bei der 28. Fachtagung der Gesellschaft für angewandte Wirtschaftspsychologie (GWPs) Anfang des Jahres in Hamm vorstellen.

Aktuelle Forschungsvorhaben

3D-FMM – Entwicklung einer modularen und skalierbaren 3D-Koordinaten Fertigungsmessplattform

Projektverantwortlicher (HSM): Niranjan Kannali Ramesha Ansprechpartner: Prof. Dr.-Ing. Frank Schrödel

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Veranstaltungen

20.05.2025 – 21.05.2025 | Campus
Karrieremesse Schmalkalden

21.05.2025 | 18:00 Uhr – 19:30 Uhr | Aula
Antrittsvorlesung: Prof. Dr. Konotop (Professur für Energie- und Anlagentechnik)
Forschungssemesterbericht: Prof. Dr. Lisiewicz (Professur für Wirtschaftsrecht)

14.06.2025 | 10:00 Uhr – 14:00 Uhr | Campus
Hochschulinformationstag

Stellenangebote

Energiemanager (m/w/d)

Transferscout / Transfermanager für den Bereich Wissens- und Technologietransfer (m/w/d)

Lehrkraft für besondere Aufgaben für Konstruktion/ CAD (m/w/d)

… und viele mehr

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Throwback

Zertifikatsübergabe bei SUAS PREMIER

Für die Absolventen des SUAS PREMIER-Projekts war der Tag der Zertifikatsübergabe beim Praxispartner Mehnert Lab in Erfurt ein besonderer Moment: Von den 25 ausgewählten Bewerbern konnten elf Teilnehmer das dreimonatige Intensivprogramm erfolgreich abschließen. Die Zertifikatsübergabe fand im Trainingslabor statt, wo die Studierenden SPS-Programmierung erlernten. Weitere Praxispartner sind die GFE und Adtran Networks SE in Meiningen. Projektleiter Jayabadhrinath Krushnan plant, die Ausbildungsdauer auf sechs Monate zu verlängern, um den Teilnehmern mehr Zeit zum Lernen zu geben. Das Projekt wird vom DAAD im Rahmen der Förderlinie „Profi plus“ unterstützt.

Das Projekt, das im letzten Jahr startete, soll helfen, internationale Absolventen ingenieurwissenschaftlicher Studiengänge besser in den deutschen Arbeitsmarkt zu integrieren. Oft haben ausländische Hochschulabsolventen trotz fachlicher Qualifikation Schwierigkeiten, sich in den regionalen Arbeitsmarkt einzugliedern, da Sprachbarrieren und mangelnde praktische Erfahrung den Einstieg erschweren. Die Teilnehmer des SUAS-PREMIER-Programmes durchlaufen an der HSM einen intensiven Kurs, der neben Fachwissen Sprachkurse und interkulturelle Kompetenzen umfasst.

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Foto: Hochschule Schmalkalden

Hochschule Schmalkalden

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Blechhammer
98574 Schmalkalden

Webseite: www.hs-schmalkalden.de

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