Neue Mobilität kommt auch aus Thüringen

Aus der größten Automobil-Messe in Deutschland wurde die größte Mobilitätsveranstaltung der Welt. Zahlreiche Thüringer Unternehmen aus der Automobil-, Zuliefer- und Fahrradbranche nutzten die Gelegenheit und präsentierten sich Fachpublikum und Besuchern.

Die Internationale Automobil-Ausstellung (IAA) hat sich in diesem Jahr als IAA Mobility neu erfunden und ist dafür vom vorherigen Standort Frankfurt nach München umgezogen. „Mobilität ist eines der zentralen Themen der Gesellschaft. Die IAA Mobility findet statt, weil die Menschen überall auf der Welt nach besseren Lösungen für ihre Mobilitätsbedürfnisse suchen und die Unternehmen dafür viele neue Lösungen entwickelt haben, die sie international präsentieren wollen“, erklärte Hildegard Müller, Präsidentin des Verbands der Automobilindustrie (VDA), während der Auftakt-Pressekonferenz. Lösungen auf dem Weg zur Klimaneutralität stünden im Mittelpunkt. „Das Bekenntnis zur klimaneutralen Mobilität steht. Unser Ziel ist es, die Transformation zu einer Erfolgsgeschichte für die deutsche Automobilindustrie und damit den Standort Deutschland zu machen“, bekräftigte Deutschlands oberste Auto-Lobbyistin.

IAA erfindet sich in München neu | Fotos: VDA

Mehr als 1.000 Akteure und Redner präsentierten auf der Messe ihre Innovationen und Konzepte. Insgesamt waren über 700 Aussteller vertreten, darunter Automarken, Fahrradmarken, wichtige Player der Tech-Branche sowie bedeutende Unternehmen der Zulieferindustrie. Auch mehr als 100 Weltprämieren wurden vorgestellt. Die IAA fand nicht nur auf dem Messegelände statt, sondern auch auf Open Spaces an verschiedenen Orten in der Münchner Innenstadt. Zudem gab es eine sogenannte Blue Lane, die die Open-Space-Standorte mit dem Messegeländeverband. Auf diesem Pilotprojekt hatten umweltverträgliche Fahrzeuge Vorrang, wie Klaus Dittrich, Vorsitzender Geschäftsführer der Messe München, betonte.

Zahlreiche Thüringer Unternehmen aus der Automobil-, Zuliefer- und Fahrradbranche stellten sich auf der IAA vor. Neun Unternehmen und Institutionen, darunter Automotive Thüringen (at), GBneuhaus und Samag, präsentieren sich am Thüringer Gemeinschaftsstand, der im Auftrag des Thüringer Wirtschaftsministeriums von der Landesentwicklungsgesellschaft Thüringen (LEG) organisiert wurde.

Rico Chmelik, Geschäftsführer des at, sagte dem WIRTSCHAFTSSPIEGEL, dass Thüringen es bei dem neuen Konzept der IAA mobility unter dem Motto „What will move us next“ in erster Linie darum gehe, wieder Vertrauen in das Produkt Automobil aufzubauen. „Das neue Konzept der IAA stellt ein Stück weit das Endspiel um die Glaubwürdigkeit des Automobils dar.“

Die Mobilität von morgen werde nicht nur aus dem Automobil bestehen. Aber: „Die Hersteller würden ja nicht Milliarden-Beträge in die Zukunft des Produkts Automobil investieren, wenn sie nicht an das Produkt glauben würden“, war sich Chmelik sicher. Mit welchem Antrieb die Automobile fahren werden oder ob sie dies autonom oder vernetzt tun werden, seien ganz andere Fragen. „Das Auto wird immer Teil einer Mobilität bleiben.“

Stephan Schreck, Co-Geschäftsführer der RA-CO GmbH präsentiert ein Werkzeugteil.

Die Hirschvogel Automotive Group stellte auch die neue Mikromobilitäts-Komponenten-Plattform Aximo vor.

Eine Neuerung der IAA Mobility war, dass die Autozulieferunternehmen gemeinsam mit den Automobilherstellern in einer Halle angesiedelt waren. Dieser Wandel des Konzepts hat laut Thomas Ose, Vertriebsbeauftragter Automotive Samag Group, sehr positive Auswirkungen auf die Resonanz am Stand gehabt. „Dadurch, dass wir durchmengt mit unseren Endkunden stehen, ist das Laufpublikum ein anderes als früher, als wir isoliert standen“, sagte Ose dem WIRTSCHAFTSSPIEGEL Thüringen. Michael Petry, Geschäftsführer der GBneuhaus GmbH, fand an den ersten Tagen der Messe gegenüber diesem Magazin auch kritische Worte bezüglich des neuen Konzepts. „Es ist einfach zu klein. Die großen OEMs fehlen.“ Die deutschen Unternehmen wie VW, Mercedes-Benz und Audi sowie chinesische E-Auto-Unternehmen seien zwar da, es würden aber die internationalen Original Equipment Manufacturer (OEM) wie Opel oder Peugeot fehlen. Dennoch zeigte sich Petry hinsichtlich der ersten Messe nach 18 Monaten, an der das Unternehmen teilnahm, zuversichtlich. Erst kürzlich sei eine neue Anti-Fingerprint-Beschichtungslösung entwickelt worden, die auf der IAA mobility vorgestellt werde. Laut Petry schien sie sehr gut anzukommen. „Die Kontakte, die wir hatten, waren qualitativ hochwertig“, schloss Petry seinen ersten Eindruck. Die Hirschvogel Automotive Group präsentierte an ihrem Stand nicht nur ihre klassischen Fahrwerksbauteile, sondern auch die neue Mikromobilitäts-Komponenten-Plattform Aximo. Generell ist die Resonanz am Hirschvogel-Stand „sehr, sehr hoch“, wie Holger Beyersdorfer, Leiter Prozess und Design der Hirschvogel Eisenach GmbH, auf Anfrage berichtete.

Zum ersten Mal auf der IAA dabei war die Ra-Co GmbH aus Erfurt, die ihre Marke für Spezialwerkzeuge „Cyclus Tools“ präsentierte. „Das neue Grundkonzept finde ich gut“, sagte Co-Geschäftsführer Stephan Schreck. „Es prallen natürlich zwei Welten aufeinander – Automobil und Fahrrad.“ Dabei sei die Umsetzung dahingehend nicht so gut gewesen, dass die ersten Tage in den Automobil-Hallen für Business-to-Business ausgelegt waren, während sie in den Fahrradhallen für Businessto-Consumer ausgerichtet waren. Aus diesem Grund war die Resonanz am Messestand in den ersten Tagen der Messe laut Schreck nicht so gut. Viel Potenzial sieht er bei der weiteren Verzahnung von Automobil und Fahrrad. Der im thüringischen Tanna beheimatete Verein ExtraEnergy e.V., der sich für die Verbreitung muskel-elektrischer Fahrzeuge einsetzt, hat die Besucher der Messe eingeladen, auf vier Parcours verschiedene E-Räder auszuprobieren. Sie waren für elektrische Mountainbikes, Lastenfahrräder und alle Sorten Elektro-Fahrräder, Elektro-Roller und für Spezialfahrzeuge wie Elektro-Einräder und Mikromobilität ausgelegt. Wie der Vereinsvorsitzende Hannes Neupert mitteilte, nutzen sehr viele Besucher das Angebot. „Damit sind wir hoch zufrieden“, so Neupert weiter. Der Verein ist schon seit Jahren auf den IAAs vertreten, mit dem neuen Konzept und dem Umzug nach München stellte Neupert einen positiven Wandel fest. Angebot und Nachfrage habe sich für die Fahrradaussteller verbessert. „Die Münchner sind sehr offen fürs Fahrrad.“ (sa)

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